12. – 13. Oktober 2015 – Fast pünktlich fuhr der Zug im Bahnhof in Mary ein. Unsere Räder mussten in den Gepäckwagen am Ende des Zuges, unser Abteil war ganz am Anfang des unendlich langen Zuges in Wagen 17. Als unsere Räder mit Gepäck in diesem Chaos endlich einigermaßen gut verstaut waren, saßen auch mittlerweile fast alle Passagiere im Zug. Der Bahnsteig war so gut wie leer und wir rannten so schnell wir konnten mit je zwei schweren Taschen am Zug entlang, um die Abfahrt nicht zu verpassen. Endlich angekommen, teilten wir uns ein Abteil mit fünf anderen und schliefen wieder schlecht. Gegen 9 Uhr kamen wir in Ashgabat, der Hauptstadt Turkmenistans an, eine der verrücktesten Städte, die wir je erlebt haben. Sie ist sauberer als Singapur – überall blitzt und blinkt es – und die meisten Gebäude in der Innenstadt sind aus weißem Marmor mit goldenen Verzierungen. Auf Verordnung des Präsidenten müssen alle neuen Autos ebenfalls weiß sein. Völlig erschlagen von der Zugfahrt und den Strapazen der letzten Tage belohnten wir uns mit einem insgesamt 40-Dollar-Frühstück im Sofitel-Hotel. Wir waren wahrscheinlich die unappetitlichsten Gäste, die das Hotel je gesehen hat, nachdem wir uns volle fünf Tage nicht waschen konnten. Wir machten uns sogar die Mühe, nach einem Hotelzimmer zu fragen, aber leider (:-;) waren alle Zimmer ausgebucht. Johan machte heimlich noch ein Paar Fotos von den Palästen um uns herum, was verboten ist und wofür man in ernste Schwierigkeiten geraten kann. Danach suchten wir uns dann ein anderes Hotel und wurden 30 Minuten später fündig: wir quartierten uns im 5-Sterne Grand Turkmen Hotel ein – eine weitere Belohnung – obwohl wir auch hier nicht einmal einen kleinen Rabatt bekamen.







Wir konnten es kaum erwarten zu duschen, aber erst mussten andere Dinge erledigt werden: unsere Wäsche. Der Wäscheservice mit 5$ pro Stück war uns dann doch etwas zu teuer und so wuschen wir unsere kompletten Klamotten per Hand, was fast zwei Stunden dauerte. In kürzester Zeit sah unser Zimmer aus, als hätte eine Bombe eingeschlagen, denn wir konnten unsere Klamotten nicht auf dem Balkon trocknen, da es keine Möglichkeit gab, um eine Wäscheleine zu befestigen. Danach waren wir dran: ich musste meine Haare viermal einseifen, bevor sie sich sauber anfühlten und die ganze Zeit lief eine schwarze Brühe an mir runter. Gegen 16 Uhr waren wir dann soweit gesäubert, dass wir uns auf Besichtigungstour begeben und noch mehr verbotene Fotos von den hässlichsten, dafür aber größten Statuen schießen konnten, die wir je gesehen haben. Prima gefallen hat uns allerdings der russische Markt, der gleich neben unserem Hotel war. Hier konnten wir alles kaufen, wonach uns gelüstete: Salami, Käse, Oliven, Früchte, leckere Mandeln und andere Nüsse und Johan hat sogar echten Beluga-Kaviar zweimal probiert. Die Verkäuferin bot ihm eine Dose für 50$ pro 100g an, was Johan höflich ablehnte und innerhalb von 30 Sekunden ging der Preis bis auf 20$ runter.




Wir hatten noch einige Dinge zu erledigen und gingen ohne Kaviar zurück ins Hotel. Da wir eine Badewanne hatten, konnte Johan die Löcher in unseren Matratzen noch am selben Abend reparieren. Und ich habe unsere Taschen von innen und außen geputzt, neu gepackt und um 21 Uhr fielen wir erschöpft ins Bett.
Pünktlich um 6:30 Uhr erhielten wir unser Frühstück: eine Tasse Tee und eine Tasse Kaffee für uns zusammen, Pfannkuchen, Reispudding, Omeletts und Kuchen. Da das Frühstück im Hotel erst ab 8 Uhr serviert wird, wurde uns Zimmerservice angeboten, wir mussten aber vorab und ohne Menü-Karte bestellen. Bei der Bestellung machten wir sehr deutlich, dass wir all diese Dinge essen würden, da wir Energie zum Radeln brauchten. Genervt und mit rollenden Augen wurde unsere Bestellung aufgenommen. Auch die Turkmenen haben noch nicht viel von gutem Service gehört, selbst in einem 5-Sterne-Hotel. Um 7.30 Uhr saßen wir dann wie geplant auf den Rädern und machten uns auf den Weg in Richtung Grenze.







Nach ungefähr 15km trafen wir Christian, den Franzosen wieder und tauschten unsere letzten Erfahrungen mit den Grenzen aus. Wir waren sehr überrascht, als wir bereits zwei Kilometer später am ersten Grenztor ankamen. Ein unfreundlicher Soldat nahm unsere Pässe entgegen und wies uns an, in den Bus zu steigen, der uns in den 35km entfernten Grenzposten fahren würden. All unsere Bemühungen, selber fahren zu dürfen, scheiterten, wir mussten Bus fahren. Nach etwa einer Stunde Busfahrt kamen wir dann endlich an, mussten unsere Pässe weitere viermal vorzeigen und ließen uns aus Turkmenistan ausstempeln.



Turkmenistan war für uns eines der seltsamsten Länder. Die Menschen waren sehr zurückhaltend und reserviert uns gegenüber. Das reiche Land wird von der riesigen Karakum-Wüste dominiert und auf unserem Weg gab es nicht wirklich viel zu besichtigen. Wir waren froh, als wir wieder ausreisen konnten und freuten uns auf unser fünftes Land – Iran, das für seine außergewöhnliche Gastfreundschaft bekannt ist und zu den beliebtesten Ländern unter Langzeitradlern gehört.