
12. – 24. November 2015 – In Schiras wollten wir uns nochmals selbst verwöhnen und gönnten uns ein etwas besseres Hotel, um uns zu erholen und auf die letzte Etappe im Iran vorzubereiten. Im Hotel angekommen – einem alten traditionellen Gebäude, das um einen Innenhof herum gebaut ist – verhandelte Johan hart für einen Rabatt von fünf US-Dollar. Nicht gerade viel, aber immerhin. Müde machten wir uns auf den Weg in unser Zimmer. Dazu mussten wir durch enge, sich windende Gässchen radeln, unsere zahlreichen Taschen durch den kompletten Innenhof, der gleichzeitig Restaurant und Lounge war, schleppen und dann nochmals eine enge und steile Treppe hochklettern, um unser Mini-Zimmer zu beziehen. Obwohl alles sehr stilgerecht eingerichtet war, waren wir doch enttäuscht, da wir immerhin 30 US-Dollar für ein extrem kleines Zimmer ohne Bad bezahlen mussten. Daher packten wir am nächsten Morgen unsere Siebensachen wieder, um uns ein anderes Hotel zu suchen. Wieder schleppten wir alles eine Treppe nach unten, durch den Innenhof, bepackten unsere Räder und radelten durch die Gassen zurück zur Rezeption. Die heutige Rezeptionistin bot uns sofort einen weiteren Rabatt von 10 US-Dollar an und so radelten wir wieder zurück und schleppten unsere Taschen ein drittes Mal durch den Innenhof und die steile Treppe hoch.

An diesem Nachmittag teilten uns unsere ‘Jungs’ mit, dass sie bereits am nächsten Tag wieder aufbrechen würden, da ihre Visa leider nicht verlängert wurden und wir luden sie zum Abendessen in unser Hotel ein. Wir tauschten nochmals Fotos und Adressen aus und drehten letzte gemeinsame Videos bevor wir sie endgültig verabschiedeten. Wir hatten eine sehr schöne gemeinsame Zeit und hatten uns sehr an ihre Gesellschaft und ihren großen Appetit gewöhnt – wir hätten nie gedacht, dass es Menschen gibt, die noch mehr essen können als wir – und waren doch ein bisschen traurig, sie weiterziehen zu lassen. Aber das ist die Kehrseite der Medaille von Reisenden: Wir treffen immer wieder liebe Menschen, lernen sie besser kennen und schätzen und müssen dann wieder Abschied nehmen. Das ist oft sehr schwer, aber der Gedanke, sie irgendwann irgendwo auf der Welt wiederzutreffen, macht das Ganze dann erträglicher. Alles Gute euch beiden!
Schiras hat uns nicht ganz so sehr beeindruckt wie Esfahan, hat sich aber trotzdem gelohnt. Bekannt ist die Stadt für seine Dichter, den Wein und Blumen. Während Wein weder produziert noch konsumiert werden darf – wie übrigens überall im Iran, da Alkohol verboten ist – ist die Stadt voll mit Gärten und Zitrusbäumen, die die Straßenränder säumen. Wir besuchten das Mausoleum und den Schrein des Lichtkönigs, wofür wir sogar einen persönlichen Guide bekamen, der eine Schärpe mit der Aufschrift “International Affairs” (Internationale Angelegenheiten) trug – alleine durften wir das Mausoleum und die Moschee nicht betreten. Ich musste einen Chador tragen und Fotos durften wir auch keine machen. In rasender Geschwindigkeit erklärte uns der Guide alles Mögliche über den Lichtkönig und seinen Bruder, ich hatte fast Angst, er würde ersticken. Alles ging so schnell, dass wir Gesagtes innerhalb von Minuten wieder vergaßen. Die Moschee betraten wir dann getrennt und ich trat in eine glitzernde Halle ein mit Frauen, die das silberne Gestänge des Schreins und danach ihr Gesicht berührten. Diese Prozedur wurde entlang des kompletten Schreins mehrfach wiederholt. Die Halle selbst sah wunderschön aus, mit kleinen Spiegelmosaiken, die das Licht der Kronleuchter widerspiegelten und dafür sorgen sollten, dass sich die Menschen nicht auf ihr Aussehen, sondern auf Gott konzentrieren, da man sich selbst nicht mehr im Spiegel erkennen konnte. Der ganze Komplex war wunderschön und eine tolle Kombination von alt und neu.

Wir haben auch das Mausoleum von Hafez besichtigt, einer der berühmtesten Dichter Irans. Man sagt, dass jeder Iraner mindestens drei Bücher besitzt: den Koran, und die gesammelten Gedichte von Hafez und Saadi. Uns wurde auch erzählt, dass die Iraner am Grab sitzen, und Hafez-Gedichte zitieren. Zu unserer größten Enttäuschung sahen wir leider nur stark herausgeputzte Iraner, die mit ihren Selfie-Sticks Selfies machten.
Eine weitere wunderschöne und friedvolle Sehenswürdigkeit ist die Pink Moschee, bekannt für ihre riesigen farbigen Fenster. Sie wird Pink genannt, da im Inneren viele pinkfarbenen Fliesen verwendet wurden.
Und hier noch weitere Eindrücke von Schiris:

Und dann war es wieder an der Zeit, weiterzuziehen. Wir hatten uns dieses Mal für eine etwas abgelegenere Route durch die Berge entschieden, um den starken Verkehr zu vermeiden. Am Ende des ersten Tages hielten wir in einem kleinen Dorf, um nach einem Schlafplatz zu suchen. Schnell wurde uns geholfen, und wir wurden zu einer Moschee gebracht – einer riesigen Halle, die in der Mitte durch einen Vorhang getrennt war. Wir richteten uns ein, in einer Ecke das Schlafzimmer und in der Mitte des Raumes, direkt unter der einzigen Lampe, das Esszimmer. Danach begannen wir zu kochen, als plötzlich zwei Männer kamen, uns etwas irritiert anschauten, in der Moschee verschwanden, um ein Tonband mit dem Gebetsaufruf anzuschalten, um dann sofort wieder herauszukommen. Zumindest wussten wir jetzt, dass nicht jeder Gebetsaufruf live stattfindet! Allerdings mussten wir alle unsere Sachen wieder wegräumen, da wir unser Lager in der Frauenmoschee aufgeschlagen hatten. Super! Während ich weiterkochte, räumte Johan alles so gut es ging in eine Ecke. Kurz darauf kamen dann auch fünf Frauen, um in unserem Schlafzimmer für ungefähr zehn Minuten zu beten und gingen dann wieder. Während wir aßen, fanden sich auf der Männerseite noch ein Paar weitere Männer ein. Nachdem alle mit dem Beten fertig waren, wurden wir von bestimmt zehn Familienoberhäupten eingeladen, doch besser bei ihnen zu nächtigen. Wir lehnten ab, hatten wir so gar keine Lust, wieder alles einzupacken und umzuziehen. Dafür wurden uns dann aber zwei Jungs an die Seite gestellt, die im Männerabteil schlafen sollten, damit uns auch ja nichts passierte. Am nächsten Morgen hatte Johan dann eine etwas unschöne politische Diskussion mit einem der Jungs. Es ging um das Thema Zensur, und dass der Iran Fernsehsender wie BBC und CNN nicht zulässt. Er war tatsächlich überzeugt, dass dies das einzig Richtige sei, da die US-Regierung ja extrem schlecht sei und den Islamischen Staat unterstütze. Zum Glück haben wir nicht sehr viele so gehirngewaschenen Menschen im Iran getroffen.


Die Route, die wir uns ausgesucht hatten, war einsamer und schöner, als wir dachten. Ganze zwei Tage hatten wir kein Mobilnetz und Verkehr gab es auch kaum. Wir radelten durch eine steinige und sehr bergige Wüste und die Landschaft änderte sich ständig von baumgesäumten Straßen bis hin zu kargen Bergen, wo kein Leben möglich scheint. Manchmal sah die Landschaft mit ihren vielen kleinen Erhebungen aus wie eine große Baustelle mit aufgehäuften Schotterbergen. In der letzten größeren Stadt durften wir in einem Hotelgarten zelten, dies aber erst nach einer langen und sehr unfreundlichen Diskussion mit den Hotelmanagern. Die folgenden Nächte verbrachten wir zum ersten Mal bei iranischen Familien, da wir keine guten Zeltplätze finden konnten. Die zweite Familie warnte uns vor der Küste, dort gäbe es viele Ali Babas und zwei Radfahren seien wohl erst vor Kurzem dort überfallen worden. Mit gemischten Gefühlen und verunsichert fuhren wir am nächsten Tag weiter, da wir nicht wussten, wie wir den letzten Teil unserer Reise durch den Iran gestalten sollten.












