
6. – 16. November 2015 – Esfahan ist die wichtigste Touristenattraktion im Iran aus gutem Grund. Wir waren fasziniert von den historischen Basaren, von den vielen Baumalleen mitten in der Stadt, vom einzigartigen Imam-Platz (übrigens Zweitgrößter weltweit!), vom armenischen Viertel, von den schönen historischen Brücken und der Freitagsmoschee, die eher einem Museum für islamische Architektur gleicht. Wir haben ganze fünf Tage hier verbracht um uns auszuruhen, die Stadt anzuschauen, Souvenirs zu kaufen, unsere Iran-Visa zu verlängern und um unsere Batterien mit gutem, aber oft auch wenig gesundem Essen aufzuladen. Um ehrlich zu sein, haben wir fast jeden Tag Hamburger oder Ähnliches gegessen! Snackbars boomen überall im Iran und Hamburger, Hot Dogs, Falafel Sandwiches & Co. sind hier mittlerweile fast so alltäglich wie Kebab.
Der großartige Imam-Platz:



In unserem Hostel haben wir unseren ersten Radreisenden im Iran, Jakob aus Stuttgart getroffen und uns mit ihm rege ausgetauscht. Wir trafen dort auch auf einen Iraner, der nach französisch sprechenden Touristen Ausschau hielt. Da ich die einzige war, übte er mir mir. Nach den typischen Frage wie “Woher kommt ihr? Wie heißt ihr? Gefällt es euch im Iran?” lud er uns spontan zu sich nach Hause zum Essen ein. Etwas überrumpelt lehnten wir jedoch ab, da wir die wirkliche Absicht des Iraners nicht kannten. War er ein Reiseführer, der auf Kundenschau war? Wollte er sonst irgendetwas von uns? Oder war er doch nur ein weiterer freundlicher Iraner, der uns zeigen wollte, wie gastfreundlich hier doch die Menschen sind? Wir sollten es wohl nie erfahren.
In Esfahan fiel uns auch zum ersten Mal der übertriebene Schönheitswahn auf, für den die Iraner so bekannt sind. Nirgendwo haben wir so viele Frauen – und übrigens auch Männer – mit Pflastern auf den Nasen und Mundschutz aufgrund einer kürzlich durchgeführten Operation gesehen. Frauen tragen sehr viel Make-Up, rasieren sich ihre Augenbrauen komplett weg, um sie in etwas merkwürdigen, oft eckigen Formen und viel zu kurz nachzuzeichnen. Mittlerweile sehen viele Nasen genau gleich aus und leider werden auch oft die Wangen und Lippen aufgespritzt. Innerhalb von Sekunden konnten wir ein natürliches von einem ‘bearbeiteten’ Gesicht unterscheiden. Für uns ein sehr irritierender und trauriger Trend, wo doch die Iraner eigentlich sehr schöne Menschen sind.
Männermoschee auf dem Imam-Platz:


In der Zwischenzeit wurde es allmählich Winter. Auf einer Höhe von ungefähr 1.500 Metern kletterte das Thermometer tagsüber noch immer auf um die 20 Grad, fiel aber nachts stark ab. Wir mussten immer wieder mit Nachtfrost rechnen, waren aber für den noch immer geringen Niederschlag sehr dankbar.
Noch mehr aus Esfahan:

Am Tag unserer Abreise mussten wir nochmals über den Imam-Platz fahren. Wieder wurden wir mehrfach von Iranern nach Hause eingeladen und wieder lehnten wir ab. Sobald wir auf unseren voll beladenen Rädern sitzen, zählen wir nicht mehr zu den gewöhnlichen Touristen sondern sind eher eine Attraktion, selbst in Touristenhochburgen wie Esfahan.

Auf dem Weg aus der Stadt kam uns ein weiterer Radreisender hinterher geradelt – Samuel (19) aus Deutschland war ebenfalls auf dem Weg nach Shiraz und schloss sich uns an. Er ist aus Deutschland bis hierher geradelt und schreibt über seine Abenteuer auf samuelontour.com. Jetzt waren wir endlich eine Familie. Im Iran dürfen Unverheiratete kein Hotelzimmer teilen. Aus diesem Grund erzählten wir auch immer, dass wir verheiratet seien, was natürlich immer gleich die Kinderfrage zur Folge hatte. Eine Verneinung führte dann immer zu betretenem Schweigen. Mit Samuel hatten wir allerdings ein weiteres Problem – nur ein Sohn war natürlich nicht genug!



An unserem ersten gemeinsamen Abend schliefen wir in einer Moschee. Während unser Organisator Johan das Zimmer inspizierte, wartete ich gemeinsam mit Samuel vor der Moschee. Irgendwann kam ein Mann auf uns zu und stellte die üblichen Fragen. Als er herausfand, dass Samuel weder mein Ehemann (!!!) noch mein Sohn war, wandte er sich Samuel zu, um ihm etwas ins Ohr zu flüstern. An seiner Reaktion war mir klar, dass er wieder einmal ein unmoralisches Angebot von einem schwulen Iraner bekommen hatte. Und das, obwohl die Regierung so stolz erklärt, dass es im Land keine Homosexuellen gäbe – haha! Es dauerte eine Weile, bis der Typ verstand, dass Samuel nicht mit ihm die Kiste springen will. Später erzählte uns Samuel, dass ihm das im Iran bereits öfters passiert sei. Diese Nacht verbrachten wir in einem luxuriösen Zimmer mit Küche, Bad und zwei riesigen Betten. Am Morgen wurde uns das Frühstück serviert und die zehn Dollar, die wir eigentlich hätten bezahlen müssen, bekamen wir auch wieder zurück. Wieder einmal ist es uns sehr gut ergangen!

Je weiter wir uns von Esfahan entfernten, desto schöner und interessanter wurde die Landschaft. Wir befanden uns jetzt auf einem Hochplateau auf ungefähr 2.000 Metern. Die karge, wüstenartige Landschaft wurde in der Ferne von schroffen, teils schneebedeckten Bergen eingerahmt. Der Verkehr wurde auch immer weniger und wir radelten entweder auf Schottenwegen neben der Hauptstraße oder auf einem breiten Seitenstreifen. Wir überquerten einige Pässe, kämpften häufig gegen den Wind, hatten aber manches Mal auch Glück und durften mit dem Wind fahren.

Die zweite gemeinsame Nacht mit Samuel verbrachten wir beim Roten Halbmond. Dieses Mal waren wir in einem richtigen Haus untergebracht, bekamen unser eigenes Zimmer und es gab sogar Duschen und eine Küche. Wieder waren wir froh, dass wir im Warmen übernachten konnten. Diese Reise am Rande der Wüste wurde sehr komfortabel, sind wir doch davon ausgegangen, dass wir die fünf Tage ohne Duschen und sonstigen Luxus verbringen würden.



Am dritten Tag nach Esfahan verbrachten wir die längste Zeit im Sattel und radelten auch die meisten Kilometer. Fast den ganzen Tag ging es bergauf und der Gegenwind machte die Sache nicht einfacher. Ich fuhr fast den ganzen Tag entweder in Johans oder Samuels Windschatten, um mir die Arbeit zu erleichtern und die Wartezeiten für die beiden zu verkürzen. Mir macht das allerdings keinen wirklichen Spaß, den ganzen Tag auf den Rücken des Vorausfahrenden zu schauen, auch wenn es Johans Rücken ist! Gegen 16 Uhr erreichten wir dann den Gipfel auf ungefähr 2,500m, mussten bis zur nächsten Stadt aber noch 25km radeln. Da es fast ausschließlich bergab ging, schafften wir das in einer Stunde. Kaputt und ausgekühlt fragten wir nach Übernachtungsmöglichkeiten und wir wurden zu einem Haus gefahren, in dem dreckige Zimmer vermietet wurden. Für etwas mehr als 10 EUR blieben wir, obwohl Samuel mit unserer Entscheidung nicht glücklich war, da ein zu bezahlendes Zimmer weder abenteuerlich noch interessant ist. Am Ende waren wir dann aber doch alle froh, in einem warmen Zimmer zu übernachten, anstelle unser Zelt im Dunkeln im Park bei eisigen Temperaturen aufzuschlagen.
Den nächsten Morgen ließen wir gemächlich angehen und trotz Badezimmer duschte nur Samuel. Heute wollten wir Pasergardae erreichen, die Grabstelle von Kyros dem Großen. An einem weiteren Pass trafen wir Jakob (19), noch einen deutschen Radfahrer, der sich unserer kleinen Familie anschloss. Jetzt waren wir nach iranischen Maßstäben endlich eine richtige Familie! Pasargadae ist als Touristenattraktion nicht sehr bekannt und bis auf das Grab auch ein wenig langweilig. Trotzdem verbrachten wir einige Stunden und überzeugten Jakob später, mit uns hinter einem Restaurant zu zelten. Am nächsten Morgen waren Landschaft und unsere Zelte wie mit Zuckerguss überzogen – alles war weiß und sehr mystisch, aber leider auch sehr kalt. Zum Glück konnten wir unsere Zelte und Schlafsäcke im völlig überheizten Restaurant trocknen. Das fiel uns übrigens überall auf: plötzlich wurde wie verrückt geheizt – mit für uns extrem unangenehmen Temperaturen von oft über 25 Grad.




Nachdem wir einen halben Tag nur bergab rollten, auf einer Straße, die sich durch einen riesigen Canyon schlängelte, erreichten wir Persepolis, Unesco Weltkulturerbe und einer unserer kulturellen Höhepunkte im Iran. Persepolis war die Hauptstadt des achaemenidischen Imperiums, gegründet von Darius I 515 v.Chr. Er hat einen beeindruckenden Palastkomplex mit monumentalen Treppenaufgängen, exquisiten Reliefs, markanten Toren und massiven Säulen geschaffen, das keine Zweifel offen lies, wie groß diese Imperium einmal gewesen sein muss. Erst 1931 wurde der gesamte Komplex wiederentdeckt, bis dahin war alles mit Staub und Sand bedeckt.


Persepolis:


Noch einmal zelteten wir alle zusammen auf einem offiziellen Zeltplatz unter Pinienbäumen in der Nähe der Persepolis-Ruinen und fuhren am nächsten Morgen erst weiter, nachdem wir nochmals einen letzten Blick auf Persepolis geworfen hatten. Kurz nach unserem Aufbruch verloren wir allerdings unsere ‘Kinder’, die Shiraz offensichtlich so schnell wie möglich erreichen wollten. Also fuhren wir wieder alleine, über zwei kleine Berge, bevor wir endlich in Shiraz einrollten. Auf diesem Streckenteil war der Verkehr grausam und das Fahrradfahren hat nicht wirklich Spaß gemacht und so waren wir froh, als wir endlich unser Hotel erreichten.
Samuel hat zwei Videos unserer gemeinsamen Zeit veröffentlicht, die ihr hier anschauen könnt: Video 1 und Video 2.

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