

19. Januar – 13. Februar 2016 – Am späten Vormittag verließen wir Nizwa und kurz darauf auch den Highway, um durch kleine und alte, oft verlassene Dörfer zu radeln. Jeder Omani bekommt vom Staat ein Stück Land und zwar genau dort, wo er oder sie aufgewachsen ist. Meist bauen sie sich dann ein neues Haus, da das einfacher ist, als ein altes zu renovieren. Wir fanden das sehr schade, da uns die alten Häuser deutlich besser gefielen als die Neuen. Im Oman wird Altes leider nicht so sehr wertgeschätzt. Das verhält sich allerdings ganz anders, wenn es um Menschen geht. Verheiratete Paare leben meist weiter gemeinsam mit ihren Eltern im selben Haus und die Häuser sind immer voller Leben, da mehrere Generationen unter einem Dach leben. Die jüngeren Bewohner kümmern sich um die Älteren und Gebrechlichen, die Großeltern kümmern sich um ihre Enkel und alle scheinen damit glücklich zu sein. Die Eltern werden immer sehr respektvoll behandelt und haben meist auch das letzte Wort. In Ibri wurden wir von einem Omani in sein altes Haus eingeladen. Er erzählte uns, dass er bereits ein neues Haus gebaut habe, aber nicht umziehen könne, da sein Vater dies nicht wolle.





In Al Hamra stoppten wir wieder für einige Tage, einer Stadt, die aus vielen verschiedenen Dörfern besteht. An einem Tag wanderten wir durch ein sieben Kilometer langes Wadi auf einer sich windenden Schotterstraße mit spektakulären Canyons zu einem einsamen Dorf, das aus nur wenigen Häusern bestand. Am nächsten Tag radelten wir dann auf den Berg Jabal Shams auf der höchsten Straße Omans auf etwa 2.000 m ü.M. mit dramatischen Aussichten in den 1.000m tiefen Canyon, durch den wir tags zuvor gewandert sind und wir konnten sogar das Dorf sehen. Wir brauchten für die traumhafte 40km-lange Strecke satte sechs Stunden und das ohne Gepäck. Teilweise waren die Steigungen so steil, dass wir sogar ohne Gepäck schieben mussten. Oman ist bisher das Land mit den steilsten Straßen!
Eine herrliche Wanderung durch ein Wadi:
Radelnderweise auf der höchsten Straße Omans:


Nach einem weiteren Tag Ruhepause ging es entlang der Berge weiter. Wir nutzen mehrfach das Warm Showers Netzwerk (eine Organisation von Menschen, die Reiseradlern ein Bett, eine warme Dusche und oft auch Essen umsonst anbietet), besuchten Festungen und Burgen und noch mehr Unesco Weltkulturdenkmäler. Bei den Letzteren handelte es sich um 2000 Jahre alte Gräber. Man sollte annehmen, dass solche Stätten gut ausgeschildert sind oder dass es zumindest an den Denkmälern irgendwelche Hinweistafeln, Eintrittsgebühren oder Ähnliches gibt. Doch dem war nicht so. Nachdem wir die ersten Grabmäler mit Mühe und Not gefunden hatten, führte nur ein kleiner schmaler Weg zu den Gräbern. Die zweite Gedenkstätte fanden wir rein zufällig, da wir auf der anderen Straßenseite ein kleines braunes Schild sahen mit dem Hinweis auf archäologische Ausgrabungen. Das war alles schon sehr merkwürdig!

Die Festung in Bahla – auch ein Unesco Weltkulturerbe:






Noch mehr Besichtigungen in und um Bahla:

Kastell Jabreen – auch ein Weltkulturerbe:
Auf dem Weg nach Al Ayn und Bat, um die sogenannten ‘Bienenstockgräber’ zu besichtigen:






Nachdem wir nun viele historische Stätten besucht und den Luxus genossen hatten, in Häusern zu übernachten, war es an der Zeit, die Berge zu überqueren und wieder zurück nach Sohar an der Küste zu radeln. Jetzt hieß es wieder zelten und die vielen wilden Zeltplätze auf dem Weg zu nutzen. In Sohar trafen wir dann auch wieder Salim, der uns abends zu einem leckeren Fischessen auf dem Fischmarkt einlud. Dieses Mal mussten wir nun wirklich von Salim Abschied nehmen, da uns unsere Wege nicht mehr kreuzen würden.




Jetzt wollten wir Musandam an der Spitze der arabischen Halbinsel besuchen, ein sehr schroffes und abgelegenes Gebiet Omans, das außerdem vom restlichen Oman abgeschnitten ist, da die Vereinigten Arabischen Emirate dazwischen liegen. Leider konnten wir dorthin nicht radeln, denn wir hätten dann wieder 30 Tage warten müssen, bis wir ein neues Visum für den Oman bekommen hätten. Um das zu umgehen gibt es aber zweimal die Woche eine Fähre nach Khasab. Als wir uns nach den Optionen erkundigten, fiel uns auf, dass es am nächstgelegenen Hafen sogar Warm Showers Gastgeber gab. Was für ein Zufall. Freudiger Erwartung radelten wir die 60km von Sohar in Richtung Norden, kauften Schokolade für unsere Gastgeber und wurden am frühen Nachmittag von Khalid in Empfang genommen. Er zeigte uns unser Zimmer, in dem wir auch unsere Räder parkten, servierte unser Mittagessen und ließ uns dann den restlichen Nachmittag ausruhen. Das nenne ich Gastfreundschaft vom Feinsten! Khalid, seine Freunde und seine Familie verwöhnten uns die nächsten Tage und wir fühlten uns fast peinlich berührt von dieser Güte und Großzügigkeit. Gemeinsam schauten wir uns die Gegend an, jeden Tag wurden wir von irgendwelchen Freunden der Familie begleitet, sie bezahlten sogar unsere Fährtickets obwohl wir heftigst dagegen protestierten. Zu unserer größten Überraschung bekamen wir dann sogar 1. Klasse-Tickets. Und als ob das alles nicht schon mehr als genug gewesen wäre bekamen wir zum Abschied auch noch Geschenke: Johan ein T-Shirt und einen Schal und ich ein Omani-Kleid (das ich allerdings aus nachvollziehbaren Gründen zurückgelassen habe).

Mit unseren Warm Showers Gastgebern in Shinas:





Nach einer ungefähr vierstündigen Fährfahrt kamen wir in Khasab an und stellten unser Zelt am riesigen Strand außerhalb der Stadt auf und blieben dort eine ganze Woche lang. Wir befreundeten uns mit einem anderen deutschen Pärchen, das ebenfalls mit seinem Campervan am Strand residierte. Wir entdeckten Musandam per Rad und mit dem Boot und beobachteten Delphine auf unserer kleinen Bootsrundfahrt um die Halbinsel. Wir sahen einen wunderschönen Stachelrochen, der den ganzen Strand entlang schwamm. Abends gegen 17 Uhr verließen immer zwischen 20 und 50 Schnellboote den Hafen – das waren die iranischen Schmuggler, die vor Einbruch der Dunkelheit den Oman wieder verlassen mussten. Tagsüber sahen wir viele kleine LKWs mit täglich unterschiedlichen Waren in den Hafen einfahren und wir wussten, dass diese für den Iran bestimmt waren. Außerdem sammelten wir Muscheln, genossen Abkühlungen im Meer, bauten einen Zaun um unser Zelt, waren genervt von Leuten, die sich mitten in der Nacht lärmend am Strand aufhielten oder waren noch genervter von denjenigen, die ihren Müll einfach am Strand liegen ließen. Wir belächelten Tausende von Kreuzfahrttouristen, die fast täglich mit den riesigen Kreuzfahrtschiffen ankamen und genossen unsere letzten Tage im Oman.









