
27. April – 27. Mai 2016 – Den Winter in Thailand zu überbrücken war nicht eine unserer besten Ideen. Erstens war es dort viel zu heiß zum Radeln und zweitens machte ein Temperaturunterschied von über 30 Grad die Eingewöhnung nicht einfacher. Uns war wochenlang nur kalt. Zum Glück wurden wir von den Lowes herzlich empfangen, wo wir länger bleiben konnten als ursprünglich geplant, um uns an die Zeitverschiebung und das Wetter zu gewöhnen. In Anchorage haben wir nochmals unsere Ausrüstung angepasst, sind viel mit den Hunden der Familie spazieren gelaufen, haben uns Anchorage radelnd angeschaut, haben lecker gegessen und bekamen fast jeden Morgen ein anderes Frühstück. Sushi gab’s bei den Nachbarn, und mit den Lowes sind wir nach Steward und zum Exit Glacier gefahren. Auch an einem sogenannten ‘Bärentraining’ haben wir teilgenommen. Man sollte annehmen, dass wir uns nach diesem Training gut gerüstet und sicher fühlten. Weit gefehlt! Wir wussten zwar, wie wir mit unserem Bärenspray umgehen müssen, wir wussten auch, dass wir stehen bleiben müssen, wenn ein Bär angreift, da es sich meist um Bluff-Angriffe handelt und der Bär normalerweise einen Meter vorher abdreht. Wir lernten auch, dass wir kämpfen müssen, wenn ein Bär beginnt, einen aufzuessen oder wenn er mitten in der Nacht unser Zelt angreift. ECHT? Jedenfalls hatten wir beide mehr Angst denn je vor Bären und sahen in den ersten Tagen unterwegs hinter jedem Baum und nach jeder Kurve einen Bären. Dennoch ist für uns die Wahrscheinlichkeit, in Alaska von einem Auto angefahren zu werden immer noch wesentlich größer, als von einem Bären angegriffen zu werden. Nach zehn Tagen fühlten wir uns endlich bereit, wieder in die Pedale zu treten – mental als auch physisch. Auch dieses Mal fiel uns der Abschied von der uns lieb gewonnenen Familie sehr schwer – aber so ist es eben als Langzeitreisender.















Anfang Mai in Alaska ist noch immer Vorsaison und viele Campingplätze und was noch viel wichtiger für uns war, viele Supermärkte sind auf dem wenig besiedelten Weg noch nicht geöffnet. Und so verließen wir Anchorage völlig überladen, da unsere neue Familie Angst hatte, wir würden unterwegs verhungern. Wir fuhren auf dem George Parks Highway nach Fairbanks und von dort auf dem Alaska Highway nach Kanada.

Das Wetter zu dieser Jahreszeit ist noch ziemlich instabil mit kühlen Temperaturen, Schnee und viel Regen. Wettervorhersagen sind völlig nutzlos, das Wetter ändert sich ständig. Zum Glück kamen wir auf dem Weg ab und zu bei lieben Menschen unter, die uns vor Regen und Kälte retteten und uns die ein oder andere warme Mahlzeit zubereiteten sowie uns die oftmals dringend notwendige heiße Dusche zur Verfügung stellen. Kurz nach Anchorage übernachteten wir bei einer älteren Dame, die einsam und verlassen mit ihren 13 Schlittenhunden irgendwo im Nirgendwo lebte. Letztes Jahr wütete hier ein Waldbrand, der den kompletten Wald um ihr Haus herum, ihr Gewächshaus und eine Scheune niederbrannte. Zum Glück blieb ihr wunderschönes Haus mit Blick über Wald und Berge verschont. Da es so schrecklich regnete, durften wir noch eine Nacht in der kleinen Hütte neben ihrem Haus bleiben, unterhielten sie mit unseren Erfahrungen und hörten uns ihre Lebensgeschichte an. Im Gegenzug putzten wir ihr Haus, Johan freundete sich mit den Hunden an und fütterte sie. Er entfernte sogar den ganzen Hundekot, da diese Hunde im Frühjahr und Sommer die meiste Zeit an der Kette sind.



Danach ging es weiter über unzählige Hügel und unendliche Wälder. Wir hatten fantastische Aussichten auf schneebedeckte Berge und zahllose Seen, wenn es der Regen denn erlaubte. Einmal übernachteten wir in einer verlassenen Lodge, hatten aber die ganze Nacht Angst, mit einem Gewehr im Gesicht aufzuwachen, da wir ja immerhin Privateigentum betreten hatten. Im Denali National Park feierte ich meinen Geburtstag und wir bewunderten bei herrlichem Sonnenschein Nordamerikas höchsten Berg. James und Amanda, unsere Gastgeber in Denali, luden uns an diesem Abend zum Essen und in eine Bar mit Live-Musik ein.







Noch immer hatten wir nicht einen einzigen Bären gesehen, dafür zahlreiche Elche und ein Karibu, die am Straßenrand grasten und uns neugierig mit ihren riesigen Köpfen beäugten. Komischerweise haben wir beide vor Elchen viel weniger Angst obwohl uns alle immer erzählen, dass sie viel gefährlicher und unberechenbarer als Bären sind.

In Fairbanks hatten wir dann ein Treffen der ganz anderen Art: Santa Claus. Er wohnt in North Pole (Nordpol) und ist der Bruder eines ehemaligen Arbeitskollegen, der sich dazu entschieden hat, seinen legalen Namen in Santa Claus zu ändern. An Weihnachten macht er viele Kinder mit seinen persönlichen Briefen und Geschenken glücklich.








Dieser Tag sollte noch weitere unerwartete Überraschungen bringen: unsere Familie aus Anchorage kam uns besuchen und wir campten gemeinsam mit ihren beiden Kindern, zwei Hunden, einem Huhn und einem Hasen. Am folgenden Tag wollte Omi noch unbedingt weiter mit uns reisen und so luden wir all unser Gepäck in das Wohnmobil und flogen ausnahmsweise mit dem Wind 165 Kilometer weiter zum nächsten Rastplatz. In der Zwischenzeit hatten die Lowes unterwegs einen weiteren japanischen Radler aufgesammelt und am Ziel angekommen verwöhnten sie uns abermals mit leckerem Abendessen. In dieser Nacht schliefen fünf Erwachsene, zwei Kinder, zwei große Hunde, ein Huhn und ein Hase in einem 6-Personen-Wohnmobil, da heftige Gewitter angesagt waren.




Nach einem ausgiebigen Frühstück am nächsten Morgen mit Pfannkuchen, Obstsalat, Eiern, Würstchen, Tee, Kaffee und Saft verabschiedeten wir uns zum letzten Mal von unserer Familie und radelten gemeinsam mit Hiroki in Richtung Kanada.

Auf dem wunderschönen Alaska Highway
Hallo ihr Beiden. Ich bin richtig neidisch. Ich versuche gerade einmal um den Bodensee zu organisieren. Gigantisch was ihr für Eindrücke habt. Ich freue mich auf die Zeit wenn ihr wieder da seid. Ganz liebe Grüße Hans
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