Von Schiras bis an den Persischen Golf

309km, 1,636 m altitude gain (4,578km and 33,988m altitude gain in total)
309km, 1.636 Höhenmeter (4.578km und 33.988m Höhenmeter insgesamt)

12. – 24. November 2015 – In Schiras wollten wir uns nochmals selbst verwöhnen und gönnten uns ein etwas besseres Hotel, um uns zu erholen und auf die letzte Etappe im Iran vorzubereiten. Im Hotel angekommen – einem alten traditionellen Gebäude, das um einen Innenhof herum gebaut ist – verhandelte Johan hart für einen Rabatt von fünf US-Dollar. Nicht gerade viel, aber immerhin. Müde machten wir uns auf den Weg in unser Zimmer. Dazu mussten wir durch enge, sich windende Gässchen radeln, unsere zahlreichen Taschen durch den kompletten Innenhof, der gleichzeitig Restaurant und Lounge war, schleppen und dann nochmals eine enge und steile Treppe hochklettern, um unser Mini-Zimmer zu beziehen. Obwohl alles sehr stilgerecht eingerichtet war, waren wir doch enttäuscht, da wir immerhin 30 US-Dollar für ein extrem kleines Zimmer ohne Bad bezahlen mussten. Daher packten wir am nächsten Morgen unsere Siebensachen wieder, um uns ein anderes Hotel zu suchen. Wieder schleppten wir alles eine Treppe nach unten, durch den Innenhof, bepackten unsere Räder und radelten durch die Gassen zurück zur Rezeption. Die heutige Rezeptionistin bot uns sofort einen weiteren Rabatt von 10 US-Dollar an und so radelten wir wieder zurück und schleppten unsere Taschen ein drittes Mal durch den Innenhof und die steile Treppe hoch.

View from our room
Aussicht aus unserem Zimmer

An diesem Nachmittag teilten uns unsere ‘Jungs’ mit, dass sie bereits am nächsten Tag wieder aufbrechen würden, da ihre Visa leider nicht verlängert wurden und wir luden sie zum Abendessen in unser Hotel ein. Wir tauschten nochmals Fotos und Adressen aus und drehten letzte gemeinsame Videos bevor wir sie endgültig verabschiedeten. Wir hatten eine sehr schöne gemeinsame Zeit und hatten uns sehr an ihre Gesellschaft und ihren großen Appetit gewöhnt – wir hätten nie gedacht, dass es Menschen gibt, die noch mehr essen können als wir –  und waren doch ein bisschen traurig, sie weiterziehen zu lassen. Aber das ist die Kehrseite der Medaille von Reisenden: Wir treffen immer wieder liebe Menschen, lernen sie besser kennen und schätzen und müssen dann wieder Abschied nehmen. Das ist oft sehr schwer, aber der Gedanke, sie irgendwann irgendwo auf der Welt wiederzutreffen, macht das Ganze dann erträglicher. Alles Gute euch beiden!

Schiras hat uns nicht ganz so sehr beeindruckt wie Esfahan, hat sich aber trotzdem gelohnt. Bekannt ist die Stadt für seine Dichter, den Wein und Blumen. Während Wein weder produziert noch konsumiert werden darf – wie übrigens überall im Iran, da Alkohol verboten ist – ist die Stadt voll mit Gärten und Zitrusbäumen, die die Straßenränder säumen. Wir besuchten das Mausoleum und den Schrein des Lichtkönigs, wofür wir sogar einen persönlichen Guide bekamen, der eine Schärpe mit der Aufschrift “International Affairs” (Internationale Angelegenheiten) trug – alleine durften wir das Mausoleum und die Moschee nicht betreten. Ich musste einen Chador tragen und Fotos durften wir auch keine machen. In rasender Geschwindigkeit erklärte uns der Guide  alles Mögliche über den Lichtkönig und seinen Bruder, ich hatte fast Angst, er würde ersticken. Alles ging so schnell, dass wir Gesagtes innerhalb von Minuten wieder vergaßen. Die Moschee betraten wir dann getrennt und ich trat in eine glitzernde Halle ein mit Frauen, die das silberne Gestänge des Schreins und danach ihr Gesicht berührten. Diese Prozedur wurde entlang des kompletten Schreins mehrfach wiederholt. Die Halle selbst sah wunderschön aus, mit kleinen Spiegelmosaiken, die das Licht der Kronleuchter widerspiegelten und dafür sorgen sollten, dass sich die Menschen nicht auf ihr Aussehen, sondern auf Gott konzentrieren, da man sich selbst nicht mehr im Spiegel erkennen konnte. Der ganze Komplex war wunderschön und eine tolle Kombination von alt und neu.

P1230669

The only way for me to enter the mosque
Nur mit Chador durfte ich Mausoleum und Moschee betreten

P1230739

P1230722

P1230733

P1230692

P1230702

P1230713

Wir haben auch das Mausoleum von Hafez besichtigt, einer der berühmtesten Dichter Irans. Man sagt, dass jeder Iraner mindestens drei Bücher besitzt: den Koran, und die gesammelten Gedichte von Hafez und Saadi. Uns wurde auch erzählt, dass die Iraner am Grab sitzen, und Hafez-Gedichte zitieren. Zu unserer größten Enttäuschung sahen wir leider nur stark herausgeputzte Iraner, die mit ihren Selfie-Sticks Selfies machten.

DSCF4003

DSCF4024

DSCF4046

DSCF4028

Eine weitere wunderschöne und friedvolle Sehenswürdigkeit ist die Pink Moschee, bekannt für ihre riesigen farbigen Fenster. Sie wird Pink genannt, da im Inneren viele pinkfarbenen Fliesen verwendet wurden.

P1230779

P1230783

P1230772

P1230814

P1230832

Und hier noch weitere Eindrücke von Schiris: 

The Shiraz fort
Die Festung, mitten in der Stadt

DSCF3982

P1230648

Und dann war es wieder an der Zeit, weiterzuziehen. Wir hatten uns dieses Mal für eine etwas abgelegenere Route durch die Berge entschieden, um den starken Verkehr zu vermeiden. Am Ende des ersten Tages hielten wir in einem kleinen Dorf, um nach einem Schlafplatz zu suchen. Schnell wurde uns geholfen, und wir wurden zu einer Moschee gebracht – einer riesigen Halle, die in der Mitte durch einen Vorhang getrennt war. Wir richteten uns ein, in einer Ecke das Schlafzimmer und in der Mitte des Raumes, direkt unter der einzigen Lampe, das Esszimmer. Danach begannen wir zu kochen, als plötzlich zwei Männer kamen, uns etwas irritiert anschauten, in der Moschee verschwanden, um ein Tonband mit dem Gebetsaufruf anzuschalten, um dann sofort wieder herauszukommen. Zumindest wussten wir jetzt, dass nicht jeder Gebetsaufruf live stattfindet! Allerdings mussten wir alle unsere Sachen wieder wegräumen, da wir unser Lager in der Frauenmoschee aufgeschlagen hatten. Super! Während ich weiterkochte, räumte Johan alles so gut es ging in eine Ecke. Kurz darauf kamen dann auch fünf Frauen, um in unserem Schlafzimmer für ungefähr zehn Minuten zu beten und gingen dann wieder. Während wir aßen, fanden sich auf der Männerseite noch ein Paar weitere Männer ein. Nachdem alle mit dem Beten fertig waren, wurden wir von bestimmt zehn Familienoberhäupten eingeladen, doch besser bei ihnen zu nächtigen. Wir lehnten ab, hatten wir so gar keine Lust, wieder alles einzupacken und umzuziehen. Dafür wurden uns dann aber zwei Jungs an die Seite gestellt, die im Männerabteil schlafen sollten, damit uns auch ja nichts passierte. Am nächsten Morgen hatte Johan dann eine etwas unschöne politische Diskussion mit einem der Jungs. Es ging um das Thema Zensur, und dass der Iran Fernsehsender wie BBC und CNN nicht zulässt. Er war tatsächlich überzeugt, dass dies das einzig Richtige sei, da die US-Regierung ja extrem schlecht sei und den Islamischen Staat unterstütze. Zum Glück haben wir nicht sehr viele so gehirngewaschenen Menschen im Iran getroffen.

At 'our' mosque
Früh morgens in ‘unserer’ Moschee
Ready to leave
Fertig für einen neuen Tag

Die Route, die wir uns ausgesucht hatten, war einsamer und schöner, als wir dachten. Ganze zwei Tage hatten wir kein Mobilnetz und Verkehr gab es auch kaum. Wir radelten durch eine steinige und sehr bergige Wüste und die Landschaft änderte sich ständig von baumgesäumten Straßen bis hin zu kargen Bergen, wo kein Leben möglich scheint. Manchmal sah die Landschaft mit ihren vielen kleinen Erhebungen aus wie eine große Baustelle mit aufgehäuften Schotterbergen. In der letzten größeren Stadt durften wir in einem Hotelgarten zelten, dies aber erst nach einer langen und sehr unfreundlichen Diskussion mit den Hotelmanagern. Die folgenden Nächte verbrachten wir zum ersten Mal bei iranischen Familien, da wir keine guten Zeltplätze finden konnten. Die zweite Familie warnte uns vor der Küste, dort gäbe es viele Ali Babas und zwei Radfahren seien wohl erst vor Kurzem dort überfallen worden. Mit gemischten Gefühlen und verunsichert fuhren wir am nächsten Tag weiter, da wir nicht wussten, wie wir den letzten Teil unserer Reise durch den Iran gestalten sollten.

DSCF4094

P1230873

We're not really fond of tunnels
Auch eine Möglichkeit, um eine Straße fahruntauglich zu machen
P1230896
Johans neues Fortbewegungsmittel
P1230909
Bienenstöcke in den Bergen

P1230887

P1230910
Natürlich gegen den Wind – was sonst?

DSCF4060

We're not so fond of tunnels
Tunnel finden wir nicht wirklich toll, sind in den Bergen aber oft unumgänglich

P1230913

DSCF4122

DSCF4156

Our campsite at the hotel garden
Zelten im Hotelgarten unter Orangenbäumen

DSCF4200

DSCF4215

Local nomads

P1230916
Lokale Nomaden

DSCF4236

The first family we stayed with
Bei unserer ersten Familie…
...and whith who we had a wonderful evening.
…mit der wir einen wunderschönen Abend verbrachten. 

DSCF4359

DSCF4353

DSCF4381

DSCF4386

A road just for the two of us - unfortunately only for about 10km
Eine Straße nur für uns beide – leider aber nur für ungefähr 10 Kilometer. 
Super yummy food: Rice, chicken with French fries, raw vegetable salad and prawns
Super leckeres Essen: Reis, Hähnchen mit Pommes, Gemüsesalat und Garnelen 
With our hosts - the men from the gas station
Mit unseren Gastgebern – die Männer von der Tankstelle 
And the second family - the ones who were worried about Ali Baba at the coast
Bei der zweiten Familie – die sich vor Ali Baba an der Küste fürchteten! 

Familienglück

515km, 2.480 m altitude gain (4,268km and 32,352m altitude gain in total)
515km, 2.480 Höhenmeter (insgesamt 4.268km und 32.352 Höhenmeter)

6. – 16. November 2015 – Esfahan ist die wichtigste Touristenattraktion im Iran aus gutem Grund. Wir waren fasziniert von den historischen Basaren, von den vielen Baumalleen mitten in der Stadt, vom einzigartigen Imam-Platz (übrigens Zweitgrößter weltweit!), vom armenischen Viertel, von den schönen historischen Brücken und der Freitagsmoschee, die eher einem Museum für islamische Architektur gleicht. Wir haben ganze fünf Tage hier verbracht um uns auszuruhen, die Stadt anzuschauen, Souvenirs zu kaufen, unsere Iran-Visa zu verlängern und um unsere Batterien mit gutem, aber oft auch wenig gesundem Essen aufzuladen. Um ehrlich zu sein, haben wir fast jeden Tag Hamburger oder Ähnliches gegessen! Snackbars boomen überall im Iran und Hamburger, Hot Dogs, Falafel Sandwiches & Co. sind hier mittlerweile fast so alltäglich wie Kebab.

Der großartige Imam-Platz: 

DSCF2246

At a mosque
Vor einer Moschee auf dem Platz

Imam square

DSCF2366

School kids
Schülerinnen-Ausflug

DSCF2571

DSCF3109

DSCF3171

DSCF3172DSCF3201

Auf dem Basar: DSCF2755

DSCF2757

DSCF2600

DSCF2772

DSCF2769

Curry!
Curry!

In unserem Hostel haben wir unseren ersten Radreisenden im Iran, Jakob aus Stuttgart getroffen und uns mit ihm rege ausgetauscht. Wir trafen dort auch auf einen Iraner, der nach französisch sprechenden Touristen Ausschau hielt. Da ich die einzige war, übte er mir mir. Nach den typischen Frage wie “Woher kommt ihr? Wie heißt ihr? Gefällt es euch im Iran?” lud er uns spontan zu sich nach Hause zum Essen ein. Etwas überrumpelt lehnten wir jedoch ab, da wir die wirkliche Absicht des Iraners nicht kannten. War er ein Reiseführer, der auf Kundenschau war? Wollte er sonst irgendetwas von uns? Oder war er doch nur ein weiterer freundlicher Iraner, der uns zeigen wollte, wie gastfreundlich hier doch die Menschen sind? Wir sollten es wohl nie erfahren.

Die Freitagsmoschee: DSCF2653DSCF2836DSCF2698DSCF2895

In Esfahan fiel uns auch zum ersten Mal der übertriebene Schönheitswahn auf, für den die Iraner so bekannt sind. Nirgendwo haben wir so viele Frauen – und übrigens auch Männer – mit Pflastern auf den Nasen und Mundschutz aufgrund einer kürzlich durchgeführten Operation gesehen. Frauen tragen sehr viel Make-Up, rasieren sich ihre Augenbrauen komplett weg, um sie in etwas merkwürdigen, oft eckigen Formen und viel zu kurz nachzuzeichnen. Mittlerweile sehen viele Nasen genau gleich aus und leider werden auch oft die Wangen und Lippen aufgespritzt. Innerhalb von Sekunden konnten wir ein natürliches von einem ‘bearbeiteten’ Gesicht unterscheiden. Für uns ein sehr irritierender und trauriger Trend, wo doch die Iraner eigentlich sehr schöne Menschen sind.

Männermoschee auf dem Imam-Platz:

DSCF2824DSCF2872DSCF2881DSCF2928Am Fluss: 

DSCF3010

DSCF3034

DSCF3044

With a Polish guy we met at our guesthouse
Diesen Polen haben wir bereits in unserem Hostel getroffen
The dam had been opened just the day of our arrival - before there was no water in the river
Am Tag unserer Ankunft wurden die Schleusen des Damms geöffnet, davor floss hier im Fluss kein Wasser

In der Zwischenzeit wurde es allmählich Winter. Auf einer Höhe von ungefähr 1.500 Metern kletterte das Thermometer tagsüber noch immer auf um die 20 Grad, fiel aber nachts stark ab. Wir mussten immer wieder mit Nachtfrost rechnen, waren aber für den noch immer geringen Niederschlag sehr dankbar.

Noch mehr aus Esfahan: 

DSCF2734

DSCF3086

DSCF3189

At a fancy restaurant - a former hamam, food was just average though!
In einem coolen Restaurant, das früher einmal ein Hamam war. Leider war das Essen nur mäßig gut.

Am Tag unserer Abreise mussten wir nochmals über den Imam-Platz fahren. Wieder wurden wir mehrfach von Iranern nach Hause eingeladen und wieder lehnten wir ab. Sobald wir auf unseren voll beladenen Rädern sitzen, zählen wir nicht mehr zu den gewöhnlichen Touristen sondern sind eher eine Attraktion, selbst in Touristenhochburgen wie Esfahan.

DSCF3276

Best friends? Not really, we just met and got invited for tea.
Beste Freunde? Nicht wirklich. Nach einem kurzen Pläuschchen wurden wir von ihr zum Tee eingeladen.

P1230524

Auf dem Weg aus der Stadt kam uns ein weiterer Radreisender hinterher geradelt – Samuel (19) aus Deutschland war ebenfalls auf dem Weg nach Shiraz und schloss sich uns an. Er ist aus Deutschland bis hierher geradelt und schreibt über seine Abenteuer auf samuelontour.com. Jetzt waren wir endlich eine Familie. Im Iran dürfen Unverheiratete kein Hotelzimmer teilen. Aus diesem Grund erzählten wir auch immer, dass wir verheiratet seien, was natürlich immer gleich die Kinderfrage zur Folge hatte. Eine Verneinung führte dann immer zu betretenem Schweigen. Mit Samuel hatten wir allerdings ein weiteres Problem – nur ein Sohn war natürlich nicht genug!

Leaving Esfahan
Kurz nach Esfahan
With Samuel
Mit Samuel
Always trying to find a good road to cycle - this time a gravel road next to the busy highway without shoulder
Immer auf der Suche nach guten Alternativen – dieses Mal ein Schotterweg neben der verkehrsreichen Hauptstraße ohne Seitenstreifen

An unserem ersten gemeinsamen Abend schliefen wir in einer Moschee. Während unser Organisator Johan das Zimmer inspizierte, wartete ich gemeinsam mit Samuel vor der Moschee. Irgendwann kam ein Mann auf uns zu und stellte die üblichen Fragen. Als er herausfand, dass Samuel weder mein Ehemann (!!!) noch mein Sohn war, wandte er sich Samuel zu, um ihm etwas ins Ohr zu flüstern. An seiner Reaktion war mir klar, dass er wieder einmal ein unmoralisches Angebot von einem schwulen Iraner bekommen hatte. Und das, obwohl die Regierung so stolz erklärt, dass es im Land keine Homosexuellen gäbe – haha! Es dauerte eine Weile, bis der Typ verstand, dass Samuel nicht mit ihm die Kiste springen will. Später erzählte uns Samuel, dass ihm das im Iran bereits öfters passiert sei. Diese Nacht verbrachten wir in einem luxuriösen Zimmer mit Küche, Bad und zwei riesigen Betten. Am Morgen wurde uns das Frühstück serviert und die zehn Dollar, die wir eigentlich hätten bezahlen müssen, bekamen wir auch wieder zurück. Wieder einmal ist es uns sehr gut ergangen!

 

The mosque we stayed at
In dieser Moschee haben wir übernachtet

Je weiter wir uns von Esfahan entfernten, desto schöner und interessanter wurde die Landschaft. Wir befanden uns jetzt auf einem Hochplateau auf ungefähr 2.000 Metern. Die karge, wüstenartige Landschaft wurde in der Ferne von schroffen, teils schneebedeckten Bergen eingerahmt. Der Verkehr wurde auch immer weniger und wir radelten entweder auf Schottenwegen neben der Hauptstraße oder auf einem breiten Seitenstreifen. Wir überquerten einige Pässe, kämpften häufig gegen den Wind, hatten aber manches Mal auch Glück und durften mit dem Wind fahren. 
DSCF3354DSCF3360

Fixing a problem with Samuel's chain
Behebung eines Kettenproblems

Die zweite gemeinsame Nacht mit Samuel verbrachten wir beim Roten Halbmond. Dieses Mal waren wir in einem richtigen Haus untergebracht, bekamen unser eigenes Zimmer und es gab sogar Duschen und eine Küche. Wieder waren wir froh, dass wir im Warmen übernachten konnten. Diese Reise am Rande der Wüste wurde sehr komfortabel, sind wir doch davon ausgegangen, dass wir die fünf Tage ohne Duschen und sonstigen Luxus verbringen würden.

We are family!
Eine richtige Familie!
Second breakfast only shortly after our first, our porridge wasn't filling enough
Zweites Frühstück, nachdem unser Porridge scheinbar nicht genug war
Johan having fun on the road
Ich will Spaß, ich will Spaß…

Am dritten Tag nach Esfahan verbrachten wir die längste Zeit im Sattel und radelten auch die meisten Kilometer. Fast den ganzen Tag ging es bergauf und der Gegenwind machte die Sache nicht einfacher. Ich fuhr fast den ganzen Tag entweder in Johans oder Samuels Windschatten, um mir die Arbeit zu erleichtern und die Wartezeiten für die beiden zu verkürzen. Mir macht das allerdings keinen wirklichen Spaß, den ganzen Tag auf den Rücken des Vorausfahrenden zu schauen, auch wenn es Johans Rücken ist! Gegen 16 Uhr erreichten wir dann den Gipfel auf ungefähr 2,500m, mussten bis zur nächsten Stadt aber noch 25km radeln. Da es fast ausschließlich bergab ging, schafften wir das in einer Stunde. Kaputt und ausgekühlt fragten wir nach Übernachtungsmöglichkeiten und wir wurden zu einem Haus gefahren, in dem dreckige Zimmer vermietet wurden. Für etwas mehr als 10 EUR blieben wir, obwohl Samuel mit unserer Entscheidung nicht glücklich war, da ein zu bezahlendes Zimmer weder abenteuerlich noch interessant ist. Am Ende waren wir dann aber doch alle froh, in einem warmen Zimmer zu übernachten, anstelle unser Zelt im Dunkeln im Park bei eisigen Temperaturen aufzuschlagen.

DSCF3461 DSCF3508 DSCF3465

P1230557

Den nächsten Morgen ließen wir gemächlich angehen und trotz Badezimmer duschte nur Samuel. Heute wollten wir Pasergardae erreichen, die Grabstelle von Kyros dem Großen. An einem weiteren Pass trafen wir Jakob (19), noch einen deutschen Radfahrer, der sich unserer kleinen Familie anschloss. Jetzt waren wir nach iranischen Maßstäben endlich eine richtige Familie! Pasargadae ist als Touristenattraktion nicht sehr bekannt und bis auf das Grab auch ein wenig langweilig. Trotzdem verbrachten wir einige Stunden und überzeugten Jakob später, mit uns hinter einem Restaurant zu zelten. Am nächsten Morgen waren Landschaft und unsere Zelte wie mit Zuckerguss überzogen – alles war weiß und sehr mystisch, aber leider auch sehr kalt. Zum Glück konnten wir unsere Zelte und Schlafsäcke im völlig überheizten Restaurant trocknen. Das fiel uns übrigens überall auf: plötzlich wurde wie verrückt geheizt – mit für uns extrem unangenehmen Temperaturen von oft über 25 Grad.

Samuel and Jakob
Samuel und Jakob
Lunch with Samuel and Jakob at Pasergardae
Mittagessen mit Samuel und Jakob in Pasergardae
Cyrus' tomb
Das Grab Kyros des Großen

P1230565

DSCF3554

P1230565

Freezing cold!
Arschkalt!

DSCF3570

Nachdem wir einen halben Tag nur bergab rollten, auf einer Straße, die sich durch einen riesigen Canyon schlängelte, erreichten wir Persepolis, Unesco Weltkulturerbe und einer unserer kulturellen Höhepunkte im Iran. Persepolis war die Hauptstadt des achaemenidischen Imperiums, gegründet von Darius I 515 v.Chr. Er hat einen beeindruckenden Palastkomplex mit monumentalen Treppenaufgängen, exquisiten Reliefs, markanten Toren und massiven Säulen geschaffen, das keine Zweifel offen lies, wie groß diese Imperium einmal gewesen sein muss. Erst 1931 wurde der gesamte Komplex wiederentdeckt, bis dahin war alles mit Staub und Sand bedeckt.

Second breakfast for our hungry boys, coffee for the older ones
Zweites Frühstück für unsere hungrigen Jungs, Kaffee für die Alten

DSCF3590

Onion harvest
Zwiebelernte

P1230586

DSCF3628

Persepolis: 

For the family album :-)
Für’s Familienalbum 🙂

P1230603

Trying to take a picture without disturbing glass in front
Der Versuch zu fotografieren, ohne störendes Glas im Vordergrund

DSCF3681

DSCF3777

DSCF3707

P1230610

DSCF3699

Noch einmal zelteten wir alle zusammen auf einem offiziellen Zeltplatz unter Pinienbäumen in der Nähe der Persepolis-Ruinen und fuhren am nächsten Morgen erst weiter, nachdem wir nochmals einen letzten Blick auf Persepolis geworfen hatten. Kurz nach unserem Aufbruch verloren wir allerdings unsere ‘Kinder’, die Shiraz offensichtlich so schnell wie möglich erreichen wollten. Also fuhren wir wieder alleine, über zwei kleine Berge, bevor wir endlich in Shiraz einrollten. Auf diesem Streckenteil war der Verkehr grausam und das Fahrradfahren hat nicht wirklich Spaß gemacht und so waren wir froh, als wir endlich unser Hotel erreichten.

Samuel hat zwei Videos unserer gemeinsamen Zeit veröffentlicht, die ihr hier anschauen könnt: Video 1 und Video 2.

Getting closer to Shiraz
Auf dem Weg nach Shiraz

P1230632

Durch die Wüste Irans

Bildschirmfoto 2015-12-25 um 11.48.30
619km, 2.659 Höhenmeter ( insgesamt 3.753km und 29.872 Höhenmeter)

25. Oktober – 5. November 2015 – Nach einer sehr schlecht geschlafenen Nacht mit lärmenden Nachbarn waren wir trotzdem um 8 Uhr startklar. Plötzlich kamen zwei Reporter der lokalen Zeitung auf uns zugestürmt, und begannen, uns zu interviewen ohne uns zu fragen, ob wir das auch wollten. Nach einer halben Stunde, vielen Fragen und Fotos machten konnten wir uns endlich auf den Weg – aber erst, nachdem wir eine Riesentüte mit Rosinen und Walnüssen verstaut hatten – ein Geschenk der Journalisten. Sie filmten uns noch, wie wir aus der Stadt rausfuhren und riefen uns “Good luck” hinterher. Jetzt freuten wir uns auf die Wüste und etwas ruhigere Straßen und die nächtlichen Sternenhimmel. In der ersten Nacht zelteten wir hinter verlassenen Ställen abseits der Straße. Als wir kochten, kam plötzlich ein Mann in seinem Auto angefahren und sprach minutenlang in Farsi auf Johan ein. Als ihm dann endlich klar wurde, dass Johan kein Wort verstand, zog er wieder von dannen. Wir wunderten uns noch eine Weile, wie er uns hatte finden können, da wir einem kleinen Sandpfad in die Wüste folgten und hinter den Ställen waren wir eigentlich von der Straße aus nicht zu sehen.

This is our daily bread - not that you are mistaking this for new scarves
Unser tägliches Brot, das am Besten frisch gegessen wird, da es sich nach ein Paar Stunden anfühlt, als kaue man auf Pappkarton.
Photo session at the mosque
Fotosession in der Moschee
One of the reporters
Reporter 1 und Fotograf…
...and reporter 2, the English teacher, asking all the questions.
…und Reporter 2, der Englischlehrer, der die Fragen stellte mit unseren Rosinen und Walnüssen..

DSCF0663

Finally an empty road
Endlich leere Straßen
There is still some life in the desert
Es gibt noch Leben in der Wüste
Who's the camel?
Wer ist hier das Kamel?
Wonderful camping in the middle of nowhere
Wunderbarer Zeltplatz
Preparing breakfast...
Frühstück wird vorbereitet…
Breakfast at a what we thought well-hidden place
…und schnell verzehrt!
A typical desert village
Ein typisches Wüstendorf

Tagsüber kletterten die Temperaturen weit über 30 Grad und ein wolkenloser Himmel und die baumlose Wüste boten keinerlei Schatten. Immer wieder hielten Autofahrer an, um uns etwas zu essen zu geben oder um nur nachzufragen, ob alles in Ordnung sei. Eines frühen Nachmittags erreichten wir eine kleine Wüstenstadt, an deren Stadtrand wir von einem Polizeiauto und vier Männern empfangen wurden. Mir wurde zunächst etwas mulmig, nur um dann zu erfahren, dass die Polizisten uns bereits vor ein Paar Stunden gesehen hatten. Da sie selbst kein Englisch sprachen, holten sie sich den Englischlehrer, der uns begrüßte und erklären sollte, wo wir schlafen und essen könnten. Darüber war ich schon äußerst positiv überrascht, haben wir doch so viele Gruselgeschichten von der iranischen Polizei gehört. Als uns dann später der Englischlehrer noch bat, dass wir doch unseren Freunden und Familien zuhause erzählen sollten, dass Iraner gute Menschen seien, waren wir beide sehr gerührt. Und das passierte uns nicht zum ersten Mal. Iraner fühlen sich vom Westen ziemlich missverstanden und sind sehr darauf bedacht, als gastfreundlich und liebenswürdig angesehen zu werden. Oft wurden wir sogar gefragt, ob wir auch denken würden, dass alle Iraner Terroristen seien, da dies ja schließlich das sei, worüber die Medien im Westen berichten.

DSCF0685

Another village
Ein anderes Wüstendorf

DSCF0751

Relaxing at the guesthouse
Mittagspause
Outfit, headwind and heat make for hard desert cycling
Mein Outfit, Gegenwind und Hitze erschweren das Wüstenradeln

Nach drei sehr schweren Tagen durch hügelige und karge Landschaften mit täglichem Gegenwind kamen wir in der Wüstenstadt Tabas an, von wo aus wir den Zug nach Yazd nahmen. Iran ist viermal so groß wie Deutschland oder dreimal so groß wie Frankreich, wodurch es uns zeitlich nicht möglich war, jeden Kilometer per Rad zurückzulegen. Züge im Iran sind übrigens ziemlich cool, die Abfahrtszeiten dagegen ziemlich uncool, was Züge wiederum sehr cool macht, da sie leer sind und sich viel Zugpersonal um wenig Reisende kümmern kann. Unser Zug fuhr um 2 Uhr morgens ab und wir hatten ein eigenes, komfortables Abteil ganz für uns alleine, ein weiteres bekamen unsere Räder. Tatsächlich hatten wir sogar einen ganzen Waggon für uns alleine. Am Morgen frühstückten wir dann im  Bordrestaurant und fühlten uns ein bisschen wie im Orientexpress.

Change of scenery
Endlich ändert sich die Landschaft ein wenig
Sand dunes
Sanddünen
Power nap at almost 40 degrees Celsius
Mittagsschläfchen bei ungefähr 40 Grad Celsius

DSCF0990

DSCF1025

At the mosque in Tabas
Vor der Moschee in Tabak
The gardens of Tabas
In den Gärten von Tabas
In the mosque
In der Moschee
And the mosque at night
Und die Moschee bei Nacht
Leaving Tabas by train
Mitten in der Nacht am Bahnhof von Tabas
Sleeping in the train...
Ein Schlafplatz im Zug…
...and breakfast with the train staff
…und Frühstück mit dem Zugpersonal.

In Yazd angekommen bezahlten wir die erste Nacht viel zu viel Geld für ein schäbiges Zimmer und dreckige Gemeinschaftsbäder und suchten uns am nächsten Tag ein traditionelles Hotel zum gleichen Preis, allerdings mit eigenem Badezimmer. Yazd zählt zu den touristischen Highlights Irans mit seinen vielen Windtürmen, die sogenannten Badgirs und sich windenden Gassen mit Lehmbauten in der Altstadt. Wir radelten durch ein Labyrinth kleiner Straßen, verliefen uns im riesigen Basar und genossen leckeren Kaffee und gutes Essen in einem der zahlreichen Restaurants mit Dachterrasse und fantastischer Aussicht über die Stadt.

Eindrücke von Yazd: 

DSCF1304
Die berühmten Windtürme von Yazd – diese dienten früher zur Kühlung der Häuser, als es noch keine Klimaanlagen gab.
Cycling through the narrow alleys
Radfahren durch enge Gassen
The view from the roof top cafe at our hotel
Aussicht von der Dachterrasse unseres Hotels
Sweets shop
Süßigkeitenladen
The dome of a mosque
Eine Moscheekuppel
Imam Hossein celebrations
Imam Hossain-Feierlichkeiten

DSCF1491

DSCF1647

Praying
Beten

P1230459

At the Zoroastrian Fire Temple where it is believed that a flame has been burning for over 1,500 years
Zoroastrischer Feuertempel, in dem eine Flamme anscheinend seit über 1.500 Jahren ununterbrochen brennt.
At the bazaar
Basar

Von Yazd ging es dann weiter in Richtung Norden, nach Esfahan. Leider drehte auch der Wind und blies jetzt auf einmal aus dem Norden. Schlecht gelaunt fuhren wir trotzdem weiter. Wind ist für Radfahrer so mit das unwillkommenste und meist gehasste Element. Annika von Tasting Travels hat das in einem ihrer Blogs einmal sehr schön formuliert: Berge sind fair, da man sich nach einem langen Anstieg auch immer auf die Abfahrt freuen kann. Anders ist das mit Gegenwind, der am nächsten Tag nicht automatisch zu Rückenwind wird. Trotzdem gaben wir nicht auf und radelten bis mittags weiter, um die wenig touristische Lehmstadt Meybod und ihre alte Zitadelle, die es anscheinend seit 4000 v.Chr. gibt, zu besichtigen.  .

Roadside billboards
Ein typisches Plakat am Straßenrand…
...and another one!
…und noch so eines!
At the Maybod castle
Zitadelle von Meybod
Always searching for the perfect shot :-)
Immer auf der Suche nach dem perfekten Foto!
The castle in its full glory or what's left from it
Die Zitadelle in voller Pracht oder das, was davon noch übrig ist.
Johan successfully hiding his new and far too short haircut. In fact, I wasn't allowed to take his picture for the coming three weeks!!!
Johan versteckt sich erfolgreich hinter seiner Kamera und das wegen seiner neuen und viel zu kurzen Frisur. Ganze drei Wochen durfte ich ihn nicht mehr fotografieren!

DSCF1983

Meybod
Meybod

DSCF2042

Shopping
Einkaufen

Obwohl wir noch immer durch die Wüste fuhren wurde es spürbar Winter. Die Abende und Nächte waren kalt mit Temperaturen um oder unter 0 Grad Celsius und tagsüber kletterten die Temperaturen kaum über 20 Grad. Auf dem Weg nach Esfahan zelteten wir noch zweimal, einmal hinter einer wie wir dachten verlassenen Karawanserei. Nachdem wir unser üppiges Abendmahl von je zwei hartgekochten Eiern verdrückt hatten und wir gerade in unsere Schlafsäcke kriechen wollten, fuhr plötzlich ein Auto vorbei. Scheinbar wohnten doch noch Menschen in der Karawanserei, aber entweder hatten sie uns nicht gesehen oder sie interessierten sich nicht für uns. Jedenfalls ließen sie uns die ganze Nacht über in Ruhe. In der folgenden Nacht zelteten wir in einem Hotelgarten für wenig Geld.

At a police checkpoint. They would always exhibit terribly damaged cars to promote safe driving
Ein Polizei-Checkpoint. Hier werden oft völlig zerstörte Autos ausgestellt, um für sicheres Autofahren zu werben

DSCF2093

Another quiet campspot behind a caravanserai
Ein ruhiger Zeltplatz hinter einer Karawanserei

DSCF2095

Selfie with a 'roadworker'
Selfie mit einem “Straßenarbeiter”
What is he doing there?
Was macht er da?
The truck drivers love their Macks
Die LKW-Fahrer lieben ihre Macks

Aufgrund des starken Gegenwindes kamen wir nur sehr langsam voran und brauchten ganze vier Tage bis Esfahan. Die Landschaft war vergleichsweise langweilig, außerdem mussten wir auf sehr befahrenen Straßen ohne Seitenstreifen fahren. Das führte oft dazu, dass wir bei Gegenverkehr von der Straße runter mussten. Die letzten 40km vor Esfahan waren absolut fürchterlich: starker LKW-Verkehr und Industriegebiete mit Stahl- und Petrochemiefabriken. An diesem Tag dachte ich noch, heute bekommen wir wohl nichts geschenkt, doch auch dieses Mal hatte ich mich getäuscht. Am Stadteingang von Esfahan bekamen wir auf der befahrenen Straße erst zwei Granatäpfel und keine 500m später hielt ein Mann an, um uns ein leckeres Reisgericht zu überreichen. Und in der Innenstadt hielt plötzlich ein weiterer Mann seinen Arm aus dem Fenster, um uns einen kleinen Eimer Reispudding zu schenken. Auch auf diesem Abschnitt unserer Reise haben uns die Iraner sehr verwöhnt!

DSCF2102

We had just finished our second breakfast when this man came over to give us more food. He couldn't stop and each time we accepted something, he would get more out of his car :-)
Wir hatten soeben zum zweiten Mal gefrühstückt, als dieser Mann dazukam, um uns noch mehr Essen zu geben. Jedes Mal, wenn wir etwas akzeptieren, kam er mit etwas anderem an :-).
An old caravanserai along the silk road which can be found every 30 km to 40 km
Eine alte Karawanserei an der Seidenstraße, die es hier alle 30 bis 40 km zu sehen gibt.

DSCF2136

To avoid the worst
Um Schlimmeres zu vermeiden

DSCF2166

And now me?
Und ich jetzt auch noch?
Enjoying our lunch we just got from another nice Iranian next to the busy road
Leckeres Mittagessen am Straßenrand, das uns soeben ein netter Iraner überreichte

Neue Kleider, neue Angewohnheiten – oder wie man sich im Iran eingewöhnt

Daten und Fakten für den Iran:

  • Viermal so groß wie Deutschland oder dreimal so groß wie Frankreich
  • 78 Millionen Einwohner
  • Laut Iran Journal finden im Iran die meisten Schönheitsoperationen der Welt statt. Und wir können das bestätigen: Noch nie haben wir so viele Männer und Frauen mit Pflastern auf den Nasen, Mundschutz oder aufgespritzten Lippen und Wangen gesehen.
  • Nachbarländer: Irak, Türkei, Aserbaidschan und Armenien (Westen und Nordwesten), Turkmenistan (Nord/Nordost), Afghanistan und Pakistan (Osten/Südosten).
  • Iran ist die Wiege einer der ältesten Zivilisationen beginnend mit den Elamitischen Staaten zwischen 3200 – 2800 v.Chr. Die iranischen Meder vereinten das Gebiet in das erste von vielen Imperien 625 v.Chr. und übernahmen die Führerschaft in der Region (Wikipedia).
435km and 2,767m altitude gain (3,211km and 27,414m altitude gain in total)
435km und 2,767m Höhenmeter (insgesamt 3.211km and 27.414m)

13. – 24. Oktober 2015 – Die iranischen Grenzkontrollen waren einfach. Im Niemandsland zog ich mich um, ersetzte kurze Hosen durch lange Hose, kurzes T-Shirt durch lange Tunika und wickelte einen beigen Schal um meinen Kopf. Unsere Visa wurden geprüft und gestempelt und anstelle unser Gepäck zu durchsuchen, hieß uns der zuständige Grenzbeamte im Land recht herzlich willkommen. Nach den letzten für uns sehr merkwürdigen Tagen in Turkmenistan freuten wir uns jetzt auf die iranische Gastfreundschaft, von der wir schon so viel gehört hatten. Aber erst mussten wir durch karge, abgeschiedene und menschenleere Landschaften radeln, bevor wir überhaupt eine Menschenseele treffen sollten. Am Ende dieses Tages hielten wir in einem kleinen heruntergekommenen Dorf, um uns um unseren Schlafplatz zu kümmern. Es dauerte eine geschlagene Stunde bis uns ein Ladenbesitzer einlud, in seinem stark nach Benzin riechenden Lagerraum zu übernachten.

New outfit and two faces that would follow us for the coming two months
Neues Outfit zum Radeln und zwei Gesichter, die uns die nächsten Wochen überall hin begleiten sollten.
On our first day in Iran we had to pass a pitch-dark tunnel. While there was not traffic at all before, several trucks passed me in the tunnel - tunnels are always the worst experiences wherever you are
Gleich am ersten Tag im Iran mussten wir einen stockdunklen Tunnel durchfahren. Und obwohl bisher die ganze Zeit überhaupt kein Verkehr war, wurde ich von mehreren LKWs im Tunnel überholt – Tunnel sind immer die schrecklichsten Erfahrungen, egal in welchem Land!
The barren landscape
Die karge Landschaft

Wir fuhren am nächsten Morgen früh weiter, noch immer den Geruch von Benzin in den Nasen. Der Verkehr hatte plötzlich stark zugenommen, da wir uns nun auf der wichtigsten Transitroute für LKWs zwischen Turkmenistan und der Türkei befanden. Nach den vielen ruhigen Straßen mussten wir uns erst wieder an viel Verkehr und Dieselgeruch gewöhnen. Unsere Ankunft in Quchan, unserer ersten Stadt im Iran, war sehr merkwürdig fühlte. Bisher hatten wir keine einzige Frau gesehen und plötzlich wimmelte es nur so von Frauen, eingehüllt in ihre schwarzen Chadors. Wir wurden angestarrt, ich glaube nicht, dass hier schon viele Touristen durchgekommen sind. Wann immer jemand des Englischen mächtig war, wurden wir angesprochen und immer wurde gefragt, ob wir irgendwelche Hilfe bräuchten. Ein freundliches Ehepaar half mir, ein neues Radoutfit zu kaufen und begleitete uns in viele verschiedenen Läden, bis ich etwas Passendes zum Radeln gefunden hatte. Auch in diesen farbenfrohen Kleidern fühlte ich mich noch ein wenig unwohl, aber die Iranerin meinte, ich müsse auf keinen Fall schwarz tragen wie all die anderen Frauen hier. Sie selbst würde das auch nur zur Arbeit und offiziellen Anlässen so handhaben. Das beruhigte mich erst einmal, da ich nicht unbedingt von der Moralpolizei wegen unsittlicher Garderobe verhaftet werden wollte.

At our first Iranian 'homestay'
Unser erster iranischer ‘Homestay’
Pretty cycling with pretty barren landscapes
Schönes Radeln bei schöner, schroffer Landschaft
Where is the black sheep?
Wo ist das schwarze Schaf oder ist es doch eine Ziege?
One of the first villages close to Quchan
Unser erstes Dorf in der Nähe von Quchan
Arriving in Quchan - a typical black religious banner
Ankunft in Quchan – mit einem typischen, schwarzen, religiösen Banner
A woman - finally! And a billboard with men that died in the Irak war. You will find these pictures at the entrance of every village and town in Iran.
Eine Frau – endlich! Und ein Plakat mit den Gesichtern von Männern, die während des Iran/Irak-Krieges gefallen sind. Diese Bilder sieht man überall am Ortseingang von Städten und Dörfern.

Mehr Schwierigkeiten hatte ich allerdings, mich an das Kopftuch zu gewöhnen und mehr als einmal rutschte es mir von den Haaren, was ich nur aufgrund des Grinsens der Leute um mich herum bemerkte. Diese Reaktion bestätigte mir dann auch, dass sich viele Iraner nicht darum scheren, wie Touristen gekleidet sind und ich fühlte mich dann auch gleich wohler. Und die Ganzkörperverhüllung hat auch ihre Vorteile: Sonnencreme brauchte ich nur noch für Gesicht und Hände, Bad-Hair-Days gehörten der Vergangenheit an und was noch viel besser war, meine Haare wurden nicht mehr so dreckig von den Abgasen, ich sparte also auch Haarshampoo. Außerdem setzte ich meinen Radhelm jetzt immer auf, da ansonsten der Schal weggeweht wäre.

Woran wir uns aber absolut nicht gewöhnen konnten war die plötzlich Zensur, und dass wir keinen freien Zugang zu Informationen mehr bekamen. Nicht nur Facebook und unsere Blog-Website waren für uns gesperrt, auch Nachrichtenseiten, die wir mehr als einmal besuchten, wurden automatisch blockiert. Das Internet war außerdem extrem langsam und funktionierte oft selbst in Großstädten überhaupt nicht. In diesem Land ist alles unter Regierungskontrolle.

My new outfit - over time you might notice that this is getting shorter and shorter as it would shrink with every washing :-(
Mein neues Outfit – ihr werdet im Laufe der Zeit merken, dass das Shirt immer kürzer wird, da es mit jedem Waschen mehr einlief 😦

Wir waren mittlerweile auf dem Weg in die iranische Wüste, mussten aber erst noch ein Paar Bergkämme überqueren. Bisher warteten wir vergeblich auf die so berühmte iranische Gastfreundschaft, denn wir stellten keine spürbare Veränderung gegenüber Zentral- oder Südostasien fest. Das sollte sich schnell ändern. Wir mühten uns gerade an einem Berg ab und zu unserer positiven Überraschung blies der kalte Wind mal von hinten. Oben angekommen, hielten wir an einer Polizeikontrolle und wurden mit heißem Tee begrüßt. Im nächsten Dorf, wo wir Mittagessen wollten, lud uns der Englischlehrer zu sich nach Hause ein, um bei ihm zu übernachten. Wir lehnten allerdings ab, da wir den Rückenwind ausnutzen wollten, der bei uns ja selten genug vorkommt. Die Landschaft hat uns sehr an Kirgisistan erinnert mit seinen rötlichen, rauen Bergen und der kargen Vegetation. Ungefähr zehn Kilometer vor Ankunft – es wurde schon leicht dämmrig – tauchte plötzlich ein Polizeiauto auf, eskortierte uns in die Stadt und organisierte uns sogar einen kostenlosen Schlafplatz bei einer Raststätte für LKW-Fahrer, wo wir zur Abwechslung mal wieder Kebab aßen.

Lunch break with fresh herbal tea and yummy sandwiches
Mittagspause mit frischem Kräutertee und leckeren Sandwiches – und der Versuch uns ans Essen auf dem Boden zu gewöhnen
Potato harvest - there is clearly no lack of workforce
Kartoffelernte – von Personalmangel kann hier nicht die Rede sein

DSCF0376

DSCF0380

DSCF0390

DSCF0399

With our host at the truck stop
Mit dem Restaurantbesitzer beim LKW-Rastplatz

In dieser Nacht regnete es heftig und wir waren froh, nicht im Zelt zu schlafen. Wir freuten uns jetzt auf unseren ersten richtigen Ruhetag in Sabzevar seit Langem, aber erst mussten wir mit müden Beinen und Johan etwas angeschlagen noch einen Pass hochstrampeln. Belohnt wurden wir wieder von tollem Wetter und atemberaubenden, kargen Landschaften. Nach dem Pass wurden die Straßen plötzlich voll und ich fühlte mich auf der engen Straße sehr unwohl, Johan schien das irgendwie gar nichts auszumachen. Unser Ruhetag in Sabzevar wurde zu einer Ruhewoche, da Johan sich eine Grippe eingefangen hatte und die meiste Zeit im Bett verbringen musste.

Coffee break right before the pass
Letzte Stärkung vor dem Pass – Kaffee und Kekse
At this point we thought it would now only go down - but another peak was waiting for us
Hier dachten wir, wir hätten es geschafft, aber eine weitere Steigung wartete um die Ecke

DSCF0438

DSCF0458

Arrival in Sabzevar
Ankunft in Sabzevar

Als wir dann endlich wieder weiterfahren konnten, regnete es. Wir fuhren trotzdem los, da wir es hier keinen Tag länger ausgehalten hätten. Zum Regen gesellte sich auch noch Gegenwind und so war der erste Tag nach einer Woche Ruhen sehr beschwerlich. Es regnete immer stärker und die Temperatur fiel drastisch. Gegen Mittag erreichten wir ein Dorf und beim Roten Halbmond, dem islamischen Pendant zum Roten Kreuz, fragten wir, ob wir uns aufwärmen und drinnen essen dürften. Natürlich durften wir das. Vier junge Männer in Uniformen begrüßten uns und setzten uns vor die Heizung. Natürlich durften wir auch nicht unser eigenes Essen auspacken, sondern aßen Dizi mit den Jungs nachdem der iranische Tisch gedeckt war –  eine Plastiktischdecke auf dem Boden. Weder Regen noch Wind ließen am Nachmittag nach und so wurden wir eingeladen, in den Räumlichkeiten des Roten Halbmonds zu übernachten, was wir gerne annahmen. Wir hatten beide nicht wirklich Lust, im Regen zu radeln und noch viel weniger Lust im Regen zu campen. Zufällig war dieser Tag auch der Beginn der zehn Tage andauernden Imam Hossain Passionsspiele und am späten Nachmittag kamen dann einige Dorfbewohner mit einer Englischlehrerin vorbei, um uns alle möglichen Fragen zu stellen. Unter anderem, ob wir denn Schwierigkeiten hätten, die iranischen Stehklos zu benutzen. Wir wurden eingeladen, an den Passionsspielen teilzunehmen. Mit dem Auto fuhren wir zur 200m entfernten Moschee. Dann wurden wir nach Männern und Frauen getrennt und ich ging mit der Englischlehrerin in die Frauenmoschee und wurde den bereits über 100 anwesenden Frauen vorgestellt, die in Reihen entlang der Wände eines riesigen Raumes saßen. Alle schauten mich neugierig an und wunderten sich wahrscheinlich, was ich Paradiesvogel in meinen bunten Kleidern unter den vielen schwarzen Gestalten wohl zu suchen hätte. Wir setzten uns dazu und dann wurde auch gleich wieder der Tisch ausgerollt und das Essen serviert: Brot mit Joghurt, Dizi, das ist eine fette Suppe, in die erst Brot eingetunkt wird und danach Hammelfleisch und Gemüse. Die Hauptattraktion war noch immer ich, alle starrten mich an, lächelten und freuten sich, dass ich dabei war. Nach einem kurzen Gebet einer Frau und der Antwort vom Rest der Frauen standen alle auf, umringten mich, um mit mir fotografiert zu werden und gingen dann nach Hause. Das Ganze dauerte nicht länger als eine Stunde und sollte danach noch ganze zehn Tage andauern. Ich war ein wenig enttäuscht, denn am Nachmittag sah ich im Fernsehen, wie sich Männer in schwarz bei einer Prozession selbst kasteiten und ich dachte, so etwas ähnliches würde hier auch passieren. Und bei Johan lief das Ganze ähnlich ab, wie er mir später erzählte.

Saffron
Safran – die Pflanze sieht aus wie Krokus
The two well-known guys again!
Drei Wohl-Bekannte

P1230333

Lunch at the Red Crescent
Mittagessen beim Roten Halbmond
Johan was welcomed by the local youngsters like a football star
Johan wurde von den Jugendlichen wie ein Fußballstar begrüßt

Nach einer etwas länger dauernden Fotosession fuhren wir am nächsten Morgen bei schönem, eisigen Wetter und mit Gegenwind los. Wir fuhren wieder einmal in Richtung Berge und es ging bis 15 Uhr bergauf. Danach liefen die verbleibenden 40km wie am Schnürchen – wir hatten starken Rückenwind und außerdem ging es nur noch bergab. Das war auch gut so, denn wir wollten unbedingt vor Einbruch der Dunkelheit in Bardaskan ankommen. An diesem Tag erhielten wir jedes Mal, wenn wir anhielten, etwas zu essen. Am Ende des Tage hatten wir zehn Granatäpfel, drei Äpfel, zwei Gurken, ein Reispudding-Dessert, drei volle Tüten mit Pistazien, Schokolade, vier Mandarinen, besondere Kekse aus Kashmar und weiter Kekse eingesammelt. So allmählich bekamen wir ein Gefühl für die iranische Gastfreundlichkeit. In Bardaskan bekamen wir ein Zimmer in der Moschee, wo wir auch die Gemeinschaftsduschen nutzen konnten. Als wir unser Abendessen vorbereiteten, klopfte es und die jungen Männer, die uns zuvor den Weg zur Moschee gezeigt hatten, brachten uns eine große Dose Kekse und luden uns zu sich nach Hause ein. Mit schlechtem Gewissen lehnten wir ab, denn wir wollten am nächsten Morgen früh aufstehen, da ein langer Tag vor uns lag.

Our room at the Red Crescent
Unser Zimmer beim Roten Halbmond
The very basic facilities!
Die sehr einfachen Container des Roten Halbmonds
...and climbing...
Langsam geht es nach oben,…
...and climbing...
…und nach oben…
...and climbing...
…und immer noch nach oben,…
...stopping for another important photo shoot
… wir halten für ein weiteres wichtiges Foto,…
...with some rolling landscape in between...
…genießen zwischendurch ein wenig Auf und Ab…
...and finally and happily descending.
…und freuen uns schließlich auf die lange Abfahrt.

DSCF0570

Our room at the mosque
Unser Zimmer in der Moschee
What's left from our donations
Ein Teil unserer Ausbeute

Gigantismus vom Feinsten

Bildschirmfoto 2015-12-14 um 11.19.1412. – 13. Oktober 2015 – Fast pünktlich fuhr der Zug im Bahnhof in Mary ein. Unsere Räder mussten in den Gepäckwagen am Ende des Zuges, unser Abteil war ganz am Anfang des unendlich langen Zuges in Wagen 17. Als unsere Räder mit Gepäck in diesem Chaos endlich einigermaßen gut verstaut waren, saßen auch mittlerweile fast alle Passagiere im Zug. Der Bahnsteig war so gut wie leer und wir rannten so schnell wir konnten mit je zwei schweren Taschen am Zug entlang, um die Abfahrt nicht zu verpassen. Endlich angekommen, teilten wir uns ein Abteil mit fünf anderen und schliefen wieder schlecht. Gegen 9 Uhr kamen wir in Ashgabat, der Hauptstadt Turkmenistans an, eine der verrücktesten Städte, die wir je erlebt haben. Sie ist sauberer als Singapur – überall blitzt und blinkt es – und die meisten Gebäude in der Innenstadt sind aus weißem Marmor mit goldenen Verzierungen. Auf Verordnung des Präsidenten müssen alle neuen Autos ebenfalls weiß sein. Völlig erschlagen von der Zugfahrt und den Strapazen der letzten Tage belohnten wir uns mit einem insgesamt 40-Dollar-Frühstück im Sofitel-Hotel. Wir waren wahrscheinlich die unappetitlichsten Gäste, die das Hotel je gesehen hat, nachdem wir uns volle fünf Tage nicht waschen konnten. Wir machten uns sogar die Mühe, nach einem Hotelzimmer zu fragen, aber leider (:-;) waren alle Zimmer ausgebucht. Johan machte heimlich noch ein Paar Fotos von den Palästen um uns herum, was verboten ist und wofür man in ernste Schwierigkeiten geraten kann. Danach suchten wir uns dann ein anderes Hotel und wurden 30 Minuten später fündig: wir quartierten uns im 5-Sterne Grand Turkmen Hotel ein – eine weitere Belohnung – obwohl wir auch hier nicht einmal einen kleinen Rabatt bekamen.

Sleeping in the train
Schlafen im Zug
Reception at the Sofitel
Hier geht es dann schon etwas nobler zu: Hotel-Rezeption im Sofitel
Breakfast at the Sofitel
Frühstück im Sofitel
The hotel pool
Hotel-Pool
Just a random vista
Die Innenstadt
Found another hotel for the night
Und wieder ein Hotel gefunden
DSCF0147
Ausblick vom Hotel und noch ein verbotenes Foto, da hier der Palast des Präsidenten im Hintergrund zu sehen ist (goldene Kuppeln)

Wir konnten es kaum erwarten zu duschen, aber erst mussten andere Dinge erledigt werden: unsere Wäsche. Der Wäscheservice mit 5$ pro Stück war uns dann doch etwas zu teuer und so wuschen wir unsere kompletten Klamotten per Hand, was fast zwei Stunden dauerte. In kürzester Zeit sah unser Zimmer aus, als hätte eine Bombe eingeschlagen, denn wir konnten unsere Klamotten nicht auf dem Balkon trocknen, da es keine Möglichkeit gab, um eine Wäscheleine zu befestigen. Danach waren wir dran: ich musste meine Haare viermal einseifen, bevor sie sich sauber anfühlten und die ganze Zeit lief eine schwarze Brühe an mir runter. Gegen 16 Uhr waren wir dann soweit gesäubert, dass wir uns auf Besichtigungstour begeben und noch mehr verbotene Fotos von den hässlichsten, dafür aber größten Statuen schießen konnten, die wir je gesehen haben. Prima gefallen hat uns allerdings der russische Markt, der gleich neben unserem Hotel war. Hier konnten wir alles kaufen, wonach uns gelüstete: Salami, Käse, Oliven, Früchte, leckere Mandeln und andere Nüsse und Johan hat sogar echten Beluga-Kaviar zweimal probiert. Die Verkäuferin bot ihm eine Dose für 50$ pro 100g an, was Johan höflich ablehnte und innerhalb von 30 Sekunden ging der Preis bis auf 20$ runter.

The world seen from Turkmenistan
Die Welt aus der Sicht Turkmenistan
At the market
Auf dem russischen Markt
Laundry time
Wäsche waschen
Ashgabat at night
Ashgabat bei Nacht

Wir hatten noch einige Dinge zu erledigen und gingen ohne Kaviar zurück ins Hotel. Da wir eine Badewanne hatten, konnte Johan die Löcher in unseren Matratzen noch am selben Abend reparieren. Und ich habe unsere Taschen von innen und außen geputzt, neu gepackt und um 21 Uhr fielen wir erschöpft ins Bett.

Pünktlich um 6:30 Uhr erhielten wir unser Frühstück: eine Tasse Tee und eine Tasse Kaffee für uns zusammen, Pfannkuchen, Reispudding, Omeletts und Kuchen. Da das Frühstück im Hotel erst ab 8 Uhr serviert wird, wurde uns Zimmerservice angeboten, wir mussten aber vorab und ohne Menü-Karte bestellen. Bei der Bestellung machten wir sehr deutlich, dass wir all diese Dinge essen würden, da wir Energie zum Radeln brauchten. Genervt und mit rollenden Augen wurde unsere Bestellung aufgenommen. Auch die Turkmenen haben noch nicht viel von gutem Service gehört, selbst in einem 5-Sterne-Hotel. Um 7.30 Uhr saßen wir dann wie geplant auf den Rädern und machten uns auf den Weg in Richtung Grenze.

Illuminated billboard of the president
Beleuchtetes Poster des Präsidenten
An airconditioned bus stop
Bushaltestelle mit Klimaanlage
Slowly getting out of town
Langsam nähern wir uns dem Stadtrand
Passing residential areas
An Wohngebieten vorbei
The Independence Monument
Das Unabhängigkeits-Monument
Another view of the Independence Monument with residential homes in the background
Das Unabhängikeits-Monument mit Wohnblöcken im Hintergrund
Cleaners are everywhere in and around the city
Es wird den ganzen Tag in der Stadt geputzt

Nach ungefähr 15km trafen wir Christian, den Franzosen wieder und tauschten unsere letzten Erfahrungen mit den Grenzen aus. Wir waren sehr überrascht, als wir bereits zwei Kilometer später am ersten Grenztor ankamen. Ein unfreundlicher Soldat nahm unsere Pässe entgegen und wies uns an, in den Bus zu steigen, der uns in den 35km entfernten Grenzposten fahren würden. All unsere Bemühungen, selber fahren zu dürfen, scheiterten, wir mussten Bus fahren. Nach etwa einer Stunde Busfahrt kamen wir dann endlich an, mussten unsere Pässe weitere viermal vorzeigen und ließen uns aus Turkmenistan ausstempeln.

Huge and quiet roads on our way to our next border crossing
Riesige, dafür aber ruhige Straßen auf dem Weg stadtauswärts
Finally leaving the capital. The sign indicates the five Turkmen provinces
Endlich draußen – Das Schild enthält die Symbole der fünf Provinzen
With Christian from France
Mit Christian aus Frankreich

Turkmenistan war für uns eines der seltsamsten Länder. Die Menschen waren sehr zurückhaltend und reserviert uns gegenüber. Das reiche Land wird von der riesigen Karakum-Wüste dominiert und auf unserem Weg gab es nicht wirklich viel zu besichtigen. Wir waren froh, als wir wieder ausreisen konnten und freuten uns auf unser fünftes Land – Iran, das für seine außergewöhnliche Gastfreundschaft bekannt ist und zu den beliebtesten Ländern unter Langzeitradlern gehört.

Durch die Wüste Turkmenistans

Geradelte Kilometer: 312km (insgesamt 2.744km)
Geradelte Kilometer: 312km (insgesamt 2.744km)

8. – 11. Oktober 2015 – Nachdem wir unsere Pässe dem vierten usbekischen Soldaten gezeigt hatten, öffnete sich endlich der Schlagbaum und wir waren im Niemandsland zwischen Usbekistan und Turkmenistan. Die erste Hürde war geschafft und die zweite konnte bis zum nächsten Tag warten, dem Beginn unserer Visa für Turkmenistan. Plötzlich rief jemand unsere Namen, und wen sahen wir: Lukas, einen deutschen Radfahrer, den wir bereits auf dem Pamir-Highway und später wieder in Dushanbe und Buchara getroffen haben. Er ist auf seinem Weg nach Hause von China, wo er die letzten drei Jahre studierte. Und jetzt hing er seit fünf Tage im Niemandsland fest, da es Probleme mit seinem Visum gab in der Hoffnung, am nächsten Tag ausreisen zu dürfen. Als wir uns das letzte Mal getroffen hatten, machten wir genau darüber noch Witze, da er nämlich kein Visum im Pass hatte und sich auf eine E-Mail von der Botschaft verließ, die ihm versicherte, er könne sich damit sein Visum an der Grenze abholen. Von zwei französischen Radlern hatten wir am Vortag bereits erfahren, dass Lukas noch festsitzt und haben vorsorglich Essen für ihn gekauft. Zusammen gingen wir in das einzige Lokal am Platz, um uns seine Geschichte anzuhören. Wir bestellten uns Getränke, aber der Wirt wollte keine Dollars annehmen und so ließen wir die Getränke wieder zurückgehen. Lukas wollte erst für uns bezahlen, aber als wir die Preise hörten, die mehr als doppelt so hoch waren als normal, winkten wir ab. Die Getränke kamen dann aber doch wieder zurück, ein iranischer LKW-Fahrer hatte uns beobachtet und sie dann heimlich für uns bezahlt. Die berühmte iranische Gastfreundlichkeit beginnt nicht erst im Iran, sondern bereits Hunderte von Kilometern früher. Später lud uns ein anderer iranischer Trucker ein, im Laderaum seines LKWs zu übernachten. Gemeinsam mit Lukas und den LKW-Fahrern tranken wir Tee und aßen frische Wassermelonen und erfuhren nebenbei, dass einer der Fahrer bereits seit 13 Tagen hier festhing, weil das Ladungsgewicht auf seinen Papieren nicht mit dem tatsächlichen Gewicht auf dem LKW übereinstimmte.

Making ourselves a bed even at the weirdest places - this time the empty inside of a truck
Mittlerweile können wir fast überall schlafen – auch im leeren Laderaum eines LKWs

Pünktlich um 8 Uhr standen wir am nächsten Morgen vor der immer noch geschlossenen turkmenischen Grenze. Die Soldaten waren noch damit beschäftigt, die Straße zu wässern und zu säubern und so warteten wir noch weitere 30 Minuten, bevor wir durchgelassen wurden. Unsere Pässe wurden registriert und wir radelten zum Hauptgebäude, wo wir ein Einreiseformular ausfüllen mussten, das wir nicht lesen konnten, denn englische Formulare gab es nicht. Es war auch niemand so richtig interessiert daran, uns zu erklären, welche Informationen benötigt werden und so füllten wir das aus, was wir wussten und bewegten uns zum nächsten Schalter. Wir durften eine Gebühr von 24 Dollar bezahlen und wurden dann von drei Beamten, die hinter einem Tisch saßen recht unfreundlich empfangen. Johan war zuerst an der Reihe und erhielt sofort die Beschwerde, dass das Formular nicht vollständig ausgefüllt sei. Der Beamte ließ sich aber doch herab, ihm zu erklären, was noch ergänzt werden müsse. Um Zeit zu sparen, gesellte ich mich dazu, um auch alles direkt in mein Formular zu übertragen, wurde aber sehr forsch und unfreundlich zurechtgewiesen und aufgefordert, zu verschwinden. Johan durfte mir dann alles nochmals erklären. Als ich dann endlich an der Reihe war, wurde der Beamte wieder äußerst wütend und schimpfte irgendwas auf Turkmenisch. Dann stellte er Fragen über die angegebenen Währungen und ob ich spanisches Geld bei mir hätte. Wahrscheinlich konnte er meine Schrift nicht lesen, denn ich hatte eigentlich die turkmenischen Manat angegeben. Ich bejahte und erklärte ihm, dass in Spanien ebenfalls wie in vielen anderen europäischen Ländern mit dem Euro bezahlt wird. Er schaute mich nur stumm an, blickte wieder auf das Formular und begann plötzlich, alle meine Angaben durchzustreichen und heftig zu schimpfen: “Wrong, wrong, fill in new”. Ich wusste nicht wie mir geschah, bis mir plötzlich ein Licht aufging: das Formular musste mit blauer Tinte ausgefüllt werden und meines hatte ich leider in schwarz beschrieben. Nachdem dieses Thema dann geklärt war wartete ein weiterer Soldat bereits ungeduldig darauf, meine Taschen zu durchsuchen, während ein anderer Soldat an meinem Rad rumfummelte und sich sogar durch meinen Fahrradcomputer klickte. Innerlich kochte ich, ließ mir aber nichts anmerken und lächelte freundlich, um Schlimmeres zu vermeiden.

Um 9.30 Uhr konnten wir dann endlich losfahren. Wir wollten eine lange Strecke hinter uns bringen, da wir ja nur ein Visum für fünf Tage hatten. Der Wind blies heftig, 10km lang von vorne und dann hatten wir endlich einmal Glück und für den Rest des Tages Rückenwind. Unser Ziel war es, in zwei Tagen in Mary anzukommen. Die komplette Strecke führt durch die Wüste und von zwei belgische Radlern, die hier wenige Wochen vor uns geradelt sind, erfuhren wir, dass es vor Mary keine Möglichkeit mehr gibt, um Wasser oder Essen zu kaufen. Also füllten wir unsere Vorräte auf und verstauten insgesamt 21 Liter Wasser auf unseren Rädern. Nur um später festzustellen, dass alle 50km Teehäuser oder Läden waren, bei denen wir hätten einkaufen können. Die Belgier hatten wohl Tomaten auf den Augen! Obwohl wir spät gestartet sind schafften wir am ersten Tag 120km und zelteten zwischen Sanddünen. Es war mittlerweile windstill und wir verzichteten deshalb auf unser Außenzelt, um am nächsten Morgen Zeit beim Abbauen zu sparen. Leider fing es aber kurz bevor der Wecker um 5 Uhr klingelte an zu regnen. Nachdem wir mittlerweile die dritte Nacht wegen unserer Matratzen kaum geschlafen hatten, packten wir völlig noch übermüdet schnell unsere Schlafsäcke und bereiteten unser Frühstück vor, denn mittlerweile war der Regen wieder vorbei. Kaum hatten wir gefrühstückt, fing es wieder an zu regnen, dieses Mal deutlich stärker und wir packten den Rest so schnell es ging zusammen. Um 7 Uhr waren wir dann endlich soweit – viel später als wir eigentlich wollten, der Regen hatte unseren Zeitplan durcheinander gebracht. Wir schoben unsere Räder durch den Sand an den Straßenrand, schleppten unsere Taschen über die Dünen, packten unsere Räder und fuhren los. Und hielten wieder an. Johan hatte seinen ersten Platten. Fluchend tauschte er den Schlauch aus und um 7:30 Uhr ging es dann endlich richtig los. Leider hatte der Wind gedreht. Aber für uns hieß es Zähne zusammenbeißen und tapfer mit noch müden Beinen vom Vortag gegen den Wind antreten. Zur Mittagszeit tauchte plötzlich ein Hotel auf, und wir gönnten uns ein feudales Mittagessen (Laghman) in einer Yurt, während in der Sonne unsere Sachen trockneten. Gut gestärkt kämpften wir uns den Rest des Tages durch die trostlose Wüste und schafften fast 130km.

Desert cycling - there is not much to get distracted, it's a monotonous and strenuous effort
Wüstenradeln – nicht viel, das einen ablenkt, das Radeln wird monoton und beschwerlich
Even though the gradients weren't steep the signs would always indicate 12%
Zum Glück waren die tatsächlichen Steigungen nicht steiler als vier bis fünf Prozent, trotzdem zeigten alle Schilder immer 12% an.
Tough surface to cycle on
Zu allem Überfluss kam dann auch immer wieder solcher Asphalt dazwischen
Reaching a settlement right before sunset
Gerade rechtzeitig vor Sonnenuntergang kommen wir in einem Dorf an
Yummy but far too expensive dinner
Leckeres aber viel zu teures Abendessen

Wieder schlecht geschlafen und ein zweiter Plattfuß später – dieses Mal an meinem Fahrrad – kamen wir am dritten Tag vormittags in Mary an, von wo aus wir mit dem Zug nach Ashgabat fahren wollten. Es regnete fast den ganzen Morgen. Es war der erste Regen im Jahr und alle waren glücklich, außer wir und wir fuhren zum ersten Mal in kompletter Regenausrüstung. Am Bahnhof wollte uns dann die Schalterbeamtin, die natürlich kein Wort Englisch sprach, Zugtickets verkaufen, Gepäck durften wir aber nicht mitnehmen. Wo gibt’s denn sowas? “No baggage,” wiederholte sie ständig. Nachdem Johan ihr klarmachte, dass unsere Räder sehr wohl mitmüssten, führte sie verschiedene Telefonate und wir bekamen ungefähr zehn Minuten später unsere Tickets für den Mitternachtszug, in dem wir auch unsere Räder mitnehmen durften.

Da es jetzt erst 14 Uhr war, mussten wir viel Zeit totschlagen. Also gingen wir ins lokale Museum, das von unserem Reiseführer so hoch gelobt wurde. An diesem Nachmittag waren wir die einzigen Besucher und wurden die ganze Zeit von einer gelangweilten Dame im grünen Kleid begleitet, die ebenfalls kein Englisch sprach. Wahrscheinlich sollte sie aufpassen, dass wir nichts mitnehmen. Am Interessantesten fanden wir den ersten Raum, durch den wir geführt wurden: hier wurden ungefähr 100 bearbeitete Großaufnahmen des Präsidenten ausgestellt, die ihn auf einem Pferd, in seinem Geländewagen, vor seiner 40-Meter-Jacht, in einem Rennwagen, oder beim Tennis, Fußball, oder Polo, Fahrradfahren oder sogar Baumollpflücken zeigten. So etwas hatten wir noch nie gesehen!

Beautiful signs to indicate village names
Rechts ein typisches Ortsschild für ein Dorf

DSCF0034

DSCF0040
Berittene Wache an einer Pferderennbahn
A golden horse for the horseman
Ein goldenes Pferd für den Pferdemann
Arriving in Mary
Ankunft in Mary
In Turkmenistan everything is big - in the back you see the golden statue of the former president that you can find everywhere in the country
In Turkmenistan ist alles groß – im Hintergrund ist die goldene Statue des vorhergehenden Präsidenten zu sehen
A huge mosque in Mary
Eine riesige Moschee in Mary
Students preparing for a party
Studenten bereiten sich auf eine Party vor und der Präsident ist immer mit dabei
Killing time before the train leaves
Zeitvertreib in einem Restaurant bis zur Abfahrt des Zuges

Nacht-Radeln, Klobrillen und andere Überraschungen

30. September – 8. Oktober 2015 – Nach vier Tagen in Samarkand, von denen Johan fast die Hälfte der Zeit im Bett beziehungsweise auf der Toilette mit schlimmem Durchfall verbracht hat, machten wir uns wieder auf den Weg in die 270km entfernte Stadt Bukara, ein weiteres Highlight auf der Seidenstraße. Am ersten Tag passierte nicht wirklich viel, wir fuhren auf guten und leicht hügeligen Straßen an Baumwollfeldern entlang und am Nachmittag gegen den Wind. Wir übernachteten bei einer usbekischen Familie in einem riesigen Haus und zum ersten Mal gelang es uns, Brot und Süßigkeiten abzulehnen. Und zum ersten Mal gab es sogar ein Badezimmer – die Ausstattung war zwar sehr einfach, aber immerhin konnten wir uns waschen und sauber ins Bett gehen. Auch der zweite Tag begann unspannend. Die einzige Abwechslung war die Begegnung mit einem lustigen Südkoreaner, der am Internationalen Flughafen arbeitete, an dem wir gerade vorbeiradelten. Er war mit einem Golfschläger unterwegs, um die Hunde in den Dörfern abzuwehren. Wir hatten eine sehr lustige Unterhaltung und hätten ewig weiterreden können, mussten aber leider weiter, da es für uns an der Zeit war, uns um einen Schlafplatz zu kümmern.

Leaving Samarkand
Am Stadtrand von Samarkand
Johan was getting concerned about being on the wrong road as he couldn't find Buxoro (which is Bukhara) on his map!
Hier wurde Johan nervös, da er auf seiner Landkarte Buxoro (Bukara) nicht finden konnte und dachte, wir hätten uns verfahren!
Boring landscape and headwinds
Gegenwind bei eintöniger Landschaft
Lunchtime
Mittagessen

DSCF9991

DSCF9972

When the Korean asked where we would sleep at night when there are no hotels Johan replied that we would look for a nice house and ask if we could pitch our tent in their garden. The Korean's answer: "How can you find nice house, they all look the same?"
Als der Koreaner fragte, wo wir denn schlafen würden, wenn es kein Hotel gibt, meinte Johan, “wir suchen uns ein schönes Haus und fragen, ob wir im Garten unser Zelt aufschlagen dürfen.” Seine Antwort: “Wie findet ihr denn ein schönes Haus, die sehen hier doch alle gleich aus!”

DSCF9916

Cotton after cotton field
Baumwolle, Baumwolle und noch mehr Baumwolle

Die Suche nach einem Schlafplatz stellte sich allerdings als etwas schwieriger heraus als erwartet. Das 4-Sterne-Luxushotel, wo Zimmer 60 Dollar kosten, ließen wir links liegen. Könnten wir hellsehen, wären wir geblieben und hätten den Rest des Tages in Luxus gebadet. Anstelle fuhren wir weiter und hielten an einem Neubaudorf, um einen Zeltplatz zu finden. Leider schickten uns alle weiter außer einer älteren Frau, die bei der Polizei arbeitete und uns ein Zimmer in ihrem Haus für 50 Dollar anbot. Dieses allzu großzügige Angebot lehnten wir ab und fuhren ins nächste Dorf. Viele Fragen und fast ebenso viel Kopfschütteln später, lud uns eine Familie zu sich ein. Der Hausfrau übergaben wir unsere Tütensuppen, da wir nicht wollten, dass sie für uns kocht, da dieses Haus etwas ärmer aussah, und zum ersten Mal setzte sich die ganze Familie mit uns zum Essen an den Tisch. Wir bekamen auch unsere Nudelsuppe, mussten danach aber weiter mit der Familie essen. Dieses Mal gab es Kohl mit Würstchen. Im Laufe des Abends schaute der Rest der Familie und alle Nachbarn vorbei, um uns zu bestaunen und gegen 20 Uhr durften wir uns schlafen legen. In etwa eine Stunde später klopfte es plötzlich an der Tür, unser Gastgeber kam ins Zimmer und schrie aufgeregt: “Palatka, you go, go!”. Irgendjemand musste uns bei der Polizei verraten haben und die Familie bekam Schwierigkeiten. So schnell es ging packten wir unsere Siebensachen und radelten in unseren Schlafanzügen so schnell es ging in die Nacht in Richtung Schnellstraße. Unmöglich hätten wir unser Palatka (Zelt) hier in den Feldern aufschlagen können, das wussten wir vom Nachmittag. Wir erinnerten uns aber an eine kleine überdachte Plattform neben dem Schnellweg und da wollten wir hin. Da es wirklich stockdunkel war und wir absolut nichts sehen konnten, mussten wir mehrere Hundert Meter auf dem Standstreifen entgegen der Fahrtrichtung radeln. Leider ließ uns der Besitzer auch hier nicht zelten, da half kein Bitten und Betteln. Sie schickten uns zurück ins Hotel. Genervt schoben wir unsere Räder auf die richtige Fahrbahnseite und radelten die fünf Kilometer zurück zum Hotel durch die unheimliche Dunkelheit. Wir bekamen ein sehr schönes, sauberes und luxuriöses Zimmer mit weichen Betten, weißen Bettlaken, weichen Kissen und einem funktionierenden Badezimmer mit weißen Handtüchern, einer richtigen Dusche, einem Waschbecken und einem Klo, wie wir es gewohnt sind. Trotzdem gingen wir ungeduscht gegen 22:30 Uhr schlafen, das konnte bis zum nächsten Morgen warten.

Family dinner
Abendessen mit der ganzen Familie

Zu unserer großen Freude konnten wir unser Hotelzimmer in usbekischen Sum bezahlen und so zahlten wir aufgrund unserer sehr guten Tauschkurses nur 30 Dollar. Nach einer ausgiebigen Dusche plünderten wir das Frühstücksbuffet. Johan aß in der Tat so viel, dass später die Klobrille in Tausend Teile zerbrach. Und nicht nur das, nach dem Frühstück hatten wir plötzlich weder Strom noch Wasser und wir mussten uns die Zähne wieder einmal bei Stirnlampenlicht und mit unserem eigenen Wasser putzen. Beim Auschecken beschwerte ich mich und die Rezeptionistin beantwortete alle meiner Kommentare nur mit “Yes”. Johan meinte dann nur, dass sie kein Wort Englisch spräche und ich gab schließlich auf. Fünf Minuten später kam sie plötzlich auf uns zugerannt und forderte in perfektem Englisch 25.000 Sum (5$) von uns für die kaputte Klobrille. Wenn’s um’s Geldeintreiben geht, klappt es auf einmal mit dem Englischen. Nach einer kurzen Diskussion machten wir uns dann auf den Weg, ohne zu bezahlen. Gegen Mittag erreichten wir dann Bukara. Johans Geburtstag verbrachten wir in Zentralasiens heiligster Stadt mit Gebäuden, die auf eine 1000-jährige Geschichte zurückblicken. Laut Reiseführer ist die Stadt auch eine der Besten, um eine Vorstellung vom vorrussischen Turkestan zu bekommen.

Village life
Dorfleben
Refueling stop
Nachschub
Beautiful remainder of the Soviet architecture
Wunderbares Überbleibsel sowjetischer Architektur
While we were having a short coffee break this family stepped out of their car, sat next to us to take pictures. The boy was nicely dressed up in a velvet suit.
Während einer kurzen Kaffeepause kam diese Familie an, setzte sich zu uns und machte Fotos. Der Junge hatte einen schicken Samtanzug an.

DSCF1095

And we reached another important Silk Road city
Eine weitere Stadt an der Seidenstraße

Eindrücke von Bukara: 

A beautiful and - in the early morning only - peaceful square
Einer der wenigen Teiche, die in Bukara überlebt haben. Sie wurden im 16. und 17. Jahrhundert gebaut und waren in der Vergangenheit die einzige Wasserquelle und verantwortlich für die schnelle Ausbreitung von Krankheiten.

DSCF1151

DSCF1157
Atombusen-Alarm

DSCF1182

Counting money in Uzbekistan takes a while

P1230246
Geld zählen ist eine langwierige Angelegenheit in Usbekistan – auch wenn’s ganz wenig ist

P1230248

DSCF1215

DSCF1227

DSCF1230

DSCF1233

DSCF1237

DSCF1273

A restaurant with a view
Restaurant mit Ausblick
The same restaurant's cooks and kitchen - according to our travel guide the best place in town
Köche und Küche im selben Restaurant – laut Reiseführer das Beste vor Ort

DSCF1289

DSCF1293

DSCF1294

DSCF1403

DSCF1432
Am Tor der Festung Ark
The massive walls of the Bukhara fortress Ark
Die riesigen Schutzwälle der Festung

DSCF1447

DSCF1490

Working at our 12-Dollars-per-night-including-breakfast guesthouse
Arbeit in der 12-Dollar-pro-Nacht-inklusive-Frühstück-Pension

DSCF1496

DSCF1706

Da wir nicht davon ausgingen, irgendwann in naher Zukunft nach Usbekistan zurückzukehren, fuhren wir mit dem Taxi in das 600km entfernte Kiva im Norden Bukaras. Diese Stadt an der Seidenstraße ist berühmt-berüchtigt für ihre Sklavenkaravanen, barbarischen Grausamkeiten, schrecklichen Wüstenreisen und Steppen, die von wilden Stammesangehörigen heimgesucht werden. Für uns war die Stadt wie ein Freilichtmuseum mit gut erhaltenen Minaretten, Medressen, Moscheen und langweiligen Museen und wir kamen uns ein bisschen vor, als wären wir in ein anderes Jahrhundert eingetaucht, wenn da nicht die vielen Souvenirläden und Cafes gewesen wären. Hier haben wir auch Christian aus Frankreich wiedergetroffen und verabredeten uns zum Abendessen. Er ist mit seinem Geländewagen von Frankreich aus bis Zentralasien gefahren und war nun mehr oder weniger auf derselben Route unterwegs wie wir. Am Vormittag hatten wir einen Tisch im besten Restaurant am Platz gebucht und dachten, dass es sicherlich kein Problem sei, zu dritt aufzutauchen. Wir sollten uns täuschen. Es dauerte geschlagene 15 Minuten, bis der Kellner schließlich nachgab und verärgert einen dritten Stuhl an unseren Tisch stellte. Nach Wochen kulinarischer Entbehrungen und der Einnahme von Laghman (Nudelsuppe), Plov (gebratener Reis) und Manty (mit Fleisch gefüllte Knödel) bestellten wir Hamburger. Schon beim Gedanken daran lief uns das Wasser im Mund zusammen. Umso größer war unsere Enttäuschung als unsere Teller ankamen, auf denen je zwei Frikadellen, Reis, Kartoffelpüree und ein Salatblatt lagen. Schmunzelnd über unsere eigene Naivität verbrachten wir einen netten Abend mit Christian. Und zu unser aller Überraschung bekamen wir ein Dessert auf’s Haus – wahrscheinlich wurde dem Personal bewusst, dass sie sich nicht wirklich korrekt verhalten hatten.

Eindrücke von Kiva:

DSCF1895

Winter is approaching
Der Winter ist im Anmarsch

Johan sucht nach dem richtigen Outfit 🙂

DSCF2149
Das wunderschöne unfertige Minarett, das eigentlich das höchste der Welt werden sollte, damit der Sultan Bukara sehen kann

DSCF2220

DSCF1992

DSCF1973

Am nächsten Morgen schlenderten wir noch ein wenig durch die Stadt und ärgerten uns ein weiteres Mal über die nicht vorhandene Service-Kultur. Wir gingen in ein Cafe und die erste Frage, die uns entgegensprang war: “Gehören Sie zu einer Gruppe?”. Unsere übliche Antwort “Ja, unsere Gruppe besteht aus genau zwei Personen und selbst diese Gruppe ist manchmal zu groß,” fand der Kellner nicht wirklich lustig. Ganz im Gegenteil: Die Enttäuschung stand ihm ins Gesicht geschrieben. Wir durften uns an einen Tisch setzen, wurden aber nicht bedient, obwohl wir mehrfach versuchten, Kaffee zu bestellen. Eine Gruppe, die kurz nach uns ankam, wurde sofort bedient. Normalerweise wären wir spätestens jetzt aufgestanden und gegangen, aber da es hier die einzig funktionierende WLan-Verbindung kam, rissen wir uns zusammen und blieben, denn ich musste noch dringend ein Paar wichtige E-Mails verschicken. Den Nachmittag verbrachten wir dann wieder im Taxi auf dem langen Rückweg nach Bukara, um uns wieder zu unseren Rädern zu gesellen.

DSCF1929

DSCF1942

DSCF1966

DSCF2125

DSCF2196

DSCF1969

DSCF2240

DSCF2179 DSCF2206

Und wieder war es an der Zeit, ein Land zu verlassen, da unser Transitvisum für Turkmenistan ab dem 9. Oktober gültig war. Mit nur fünf Tagen Zeit, um das Land zu durchqueren wollten wir sichergehen, dass wir die Grenze so früh wie möglich passieren. Wir hatten zwei Tage Zeit, um die 100km entfernte Grenze zu erreichen und verließen Bukara am frühen Nachmittag, radelten bis 17 Uhr und zelteten unter Apfelbäumen. Leider stellten wir in dieser Nacht fest, dass unsere Matratzen leckten und gegen Mitternacht lagen wir auf dem harten Boden. Das waren keine guten Aussichten, denn wir mussten in Turkmenistan die Wüste durchqueren und würden die nächsten Tage zelten ohne die Gelegenheit zu haben, die Matratzen zu reparieren. Nach einer wirklich schlechten Nacht fuhren wir am nächsten Morgen schlecht gelaunt los. Denn zu allem Unglück kam auch noch Gegenwind dazu. Gegen Mittag wurde der Gegenwind zu einem Sandsturm, die Luft war komplett gelb und sandig, unsere Sicht sehr begrenzt und die ganze Atmosphäre irgendwie unheimlich. Wir kämpften hart gegen den Wind, um rechtzeitig an der Grenze anzukommen, obwohl wir nur eine Distanz von 60 km überwinden mussten. Zehn Minuten vor Schließung der Grenze kamen wir an, was für uns eindeutig vorteilhaft war, denn die Grenzbeamten hatten keine Lust auf Überstunden und so blieben unsere Taschen geschlossen und innerhalb von 20 Minuten waren wir offiziell aus Usbekistan ausgereist.

The Silk Road
Die Seidenstraße

Wir hatten viele schöne und wenige schlechte Erfahrungen in Usbekistan. Obwohl sich das Land langsam für den Tourismus öffnet, ist es noch immer ein streng geführter Polizeistaat. Trotzdem fühlten wir uns willkommen, sei es durch die zahlreichen Begrüßungen, wenn wir durch die Dörfer radelten, ein Lächeln mit blitzend goldenen Zähnen, die vielen Einladungen zum Tee, Kinder, die uns kreischend hinterherliefen oder -radelten, die vielen Menschen, die uns zu sich nach Hause einluden und Mahlzeiten mit uns teilten oder die uns beim Vorbeiradeln Obst oder Brot schenkten. Die Städte Samarkand, Bukara und Kiva haben uns mit ihrer sagenhaften Architektur stark beeindruckt. Wir waren positiv überrascht von den tollen Landschaften bis Samarkand, was danach kam, war dann leider eher langweilig, da die  Landschaft von Baumwollfeldern und wenig beeindruckenden Wüstenlandschaften dominiert wird. Der Staat selber verwaltet sich fast zu Tode, wir gehen davon aus, dass dies noch aus alter Sowjetzeit herrührt. Unsere Pässe waren voll mit kleinen Hotelzettelchen, die von den Hotelmanagern penibel ausgefüllt, bestempelt und unterschrieben waren. Als Johan bei einer Bank Geld abhob, musste er zahllose Papierfetzen unterschreiben, die von einem Bankangestellten zum anderen gereicht wurden, bevor er endlich seine Dollars bekam.

Die 3Ms – Medressen, Moscheen und Mausoleen

Fakten Usbekistan:

  • Die kulturelle Wiege der Region seit mehr als zwei Jahrtausenden und stolzes Zuhause eines faszinierenden Arsenals an Architektur und antiker Städte
  • Gastfreundschaft ist ein wesentliches Element des täglichen Lebens, die wir jeden Tag in den nicht vom Tourismus verwöhnten Landesteilen erleben durften
  • Das Land ist berühmt für seinen Plov (gebratener Reis), den wir fast nie bekamen, da er mindestens zwei Stunden gekocht werden muss und daher in der Regel vorbestellt wird
  • Bevölkerung: ca. 30 Millionen
  • Nachbarländer: Kasachstan (Norden), Kirgisistan und Tadschikistan (Osten) Afghanistan (Süden), Turkmenistan (Westen)
Hier muss noch was rein
Geradelte Distanz: 395 km (2,012km insgesamt)

20. – 29. September 2015 – Nachdem wir die letzten 70km einfachen Radelns in Tadschikistan hinter uns gebracht hatten, kamen wir gegen 13 Uhr an der Grenze an, wechselten Geld zu einem wirklich schlechten Kurs und bekamen drei große Stapel Banknoten oder 500.000 Sum, die in etwa 80 EUR entsprachen. Ab sofort bewahrten wir unser Geld in Plastiktüten auf, da unsere Geldbeutel die vielen Stapel Geld nicht mehr fassen konnten. Die Ausreise aus Tadschikistan war problemlos, nachdem unsere Pässe dreimal an verschiedenen Checkpoints registriert wurden. Die Einreise nach Usbekistan sollte sich allerdings etwas schwieriger gestalten. Unser gesamtes Bargeld war bereits gründlich gezählt, da wir jeden Cent deklarieren mussten. Leider war auf dem Formular nur Platz für drei verschiedene Währungen, was mich in Panik versetzte, denn ich hatte noch eine 0.20 Somoni-Münze, die in etwas 0,03 EUR wert war und Johan hatte noch Omanische Real, die wir von unseren neuen australischen Freunden erhalten hatten. Andere Touristen hatten uns nämlich erzählt, dass sie Strafe zahlen mussten für nicht deklariertes Kleingeld! Nachdem wir endlich das umständliche Formular ausgefüllt hatten, kam die eigentliche Zollinspektion: die Zollbeamten ließen uns alle Taschen öffnen und ausräumen, unsere Computer mussten gestartet werden, damit sie unsere ganzen Dateien nach Verbotenem durchsuchen konnten. Johan musste dem Beamten ein Foto einer Aluminiumfabrik geben – er war damit jetzt offizieller Spion für Usbekistan. Sogar unsere Bücher wurden durchblättert! Nach ungefähr eineinhalb Stunden waren wir durch und konnten unsere Reise auf leicht hügeligen Straßen fortsetzen. Alles was wir für den Rest des Tages sahen waren Baumwoll-, Gemüse- und Obstfelder sowie kleine Stände am Straßenrand, an denen Trauben und Äpfel verkauft wurden.

The cotton harvest has begun
Baumwollernte
More cotton harvesting...handy filling for our little self-made mascots
Auch wir ernten Baumwolle: praktische Füllung für unsere selbstgehäkelten Maskottchen
Flowers growing in unison with grapes
Blumen wachsen im Einklang mit Trauben
Talking about harvesting...this is a slightly different harvest
Und wo wir gerade vom Ernten sprechen – hier eine etwas andere Art der Ernte
En route
Unterwegs
Market en route to Samarkand
Markt auf dem Weg nach Samarkand

Usbekistan ist stark bevölkert und so gestaltete sich das Zelten für uns als schwierig. Ein bisschen fühlten wir uns wie in Indien: jedes Mal, wenn wir anhielten, wurden wir in kürzester Zeit von einer Menschenmenge umringt. Und so fragten wir oft in Dörfern, ob wir irgendwo unser Zelt im Garten aufschlagen dürfen. Ohne zu zögern wurden wir meist sofort ins Haus eingeladen, wir bekamen Tee, Brot und Süßigkeiten. Manchmal durften wir sogar unser eigenes Essen kochen, um trockenes Brot und Kekse kamen wir meist allerdings nicht herum. Geschlafen wird hier auf dem Boden, dafür werden meist gefüllte Baumwollmatten ausgelegt, die meterhoch für Besucher in jedem Wohnzimmer gestapelt sind.

Staple meal in Uzbekistan
Eine typische Mahlzeit in Usbekistan
Our first homestay - they insisted on getting our phone number even though they wouldn't speak a single word English!
Bei unserer ersten Gastfamilie: sie bestand darauf, unsere Telefonnummer zu bekommen, obwohl sie kein einziges Wort Englisch sprachen!
This lady is selling home-made cakes and Nescafe - a cyclist's heaven!
Diese junge Dame verkauft selbstgebackenen Kuchen und Nescafe – der Traum eines jeden Radfahrers!
When I came back from grocery shopping, Johan was surrounded by this crowd!
Mein Anblick, als ich vom Einkaufen zurückkam!
Our absolute favorite afternoon snack on a hot summerday
Unser absoluter Lieblingssnack am Nachmittag an einem heißen Sommertag – ich mein natürlich die Wassermelone!
Sunflower oil - the staple oil in Uzbekistan
Sonnenblumenöl – heißgeliebt in Usbekistan
Another popular means of transportation
Eine andere sehr populäre Transportart

An unserem dritten Tag durch die mittlerweile sehr bergige Landschaft kamen wir gegen 15 Uhr an einem Polizei-Checkpoint an. Der Polizist fragte nach unseren Hotelschnipseln, die wir nicht hatten und er teilte uns unmissverständlich mit, dass wir heute Nacht in einem Hotel verbringen müssten. In Usbekistan muss man sich nämlich alle drei Tage in Hotels registrieren lassen, um Schwierigkeiten und Strafen bei der Ausreise zu vermeiden. Vor diesem Checkpoint machten wir uns darum nicht wirklich Sorgen
und da dieser Tag mit starkem Gegenwind und vielen Bergen ziemlich hart war, wollten wir eigentlich irgendwo zelten oder bei einer Familie übernachten. Bis zum nächsten Hotel waren es noch 50km. Die Strecke war noch immer sehr bergig und wir wussten, dass wir das bei diesem starken Gegenwind niemals vor Einbruch der Dunkelheit schaffen würden. Also mussten wir trampen. Der erste LKW-Fahrer hielt sofort – aber er fuhr in den Iran und sein Laderaum war versiegelt – und unser Gepäck und unsere Räder konnten wir unmöglich in seiner Fahrerkabine unterbringen. Nach einer Weile hielt ein weiterer LKW und drei Männer stiegen aus. Nachdem wir mit Händen und Füßen erklärten, was wir wollten, begannen sie heftig untereinander zu diskutieren. Soweit wir verstanden kam nach 35km ein weiterer Checkpoint und einer der Fahrer wollte uns mitnehmen, der andere wollte das Risiko nicht eingehen. Denn die Usbeken dürfen Ausländer eigentlich weder zu sich nach Hause einladen noch im Auto mitnehmen. Zehn Minuten später waren unsere Räder mitsamt Gepäck im LKW und wir saßen ebenfalls im Laderaum auf einer weichen Decke und versuchten, so stabil wie möglich zu sitzen. Aufgrund der vielen Schlaglöcher und dem absolut desolaten Zustand der Straße saßen wir jedoch weniger und wurden äußerst unsanft durchgeschüttelt. Der Fahrer hatte wohl mittlerweile seine sehr sensible Fracht vergessen! Ungefähr eine Stunde später und wenige Hundert Meter vor dem nächsten Checkpoint hielt der LKW, wir luden unsere Räder und Gepäck aus, bedankten uns herzlich und radelten die restlichen 15km zum Hotel.
P1230113

P1230114

P1230121

P1230127

Selfie in the truck
Selfie im LKW

Auf unserem Weg nach Samarkand, wo wir für einige Tage pausieren würden, mussten wir einige unerwartete Pässe überqueren, kämpften wie so oft gegen den Wind an, radelten auf unglaublich schlechten Straßen, die aussahen, als hätten Kühe Asphalt gekackt. Wir haben liebe Menschen getroffen, die uns den Alltag mit Früchten und anderen Leckereien versüßten. Und wir haben weniger nette Menschen getroffen, die uns in einem Restaurant beim Bezahlen über’s Ohr hauen wollten. Nach langen Diskussionen bezahlten wir am Ende ein Drittel weniger als ursprünglich gefordert und wir ärgerten uns noch Tage später über die Dreistigkeit, für Servietten extra Geld zu verlangen, nachdem bereits eine Servicepauschale von zehn Prozent im Preis enthalten war. Und das in einem einfachen Restaurant für Trucker am Straßenrand.

The surprisingly mountainous countryside
Die überraschend bergige Landschaft Usbekistans
Refueling before the next climb
Vor dem nächsten Anstieg noch einmal Wasser tanken

Nach fast zwei Monaten auf dem Rad durch unbeschreibliche Landschaften freuten wir uns jetzt auf die Besichtigung antiker Städte mit alter islamischer Architektur. Unser erster geplanter Halt war Shakhrisabsz, die Heimatstadt Timurs des Schrecklichen, der die Stadt im 14. Jahrhundert in ein Familienmonument verwandelte. Timur wird als der letzte nomadische Eroberer der Eurasischen Steppe angesehen. Alles, was von seinen Bauten übrig ist, ist ein gigantisches 38 Meter hohes Tor, das mit wunderschönen und nicht restaurierten filigranen Mosaiken versehen ist. Leider war der Rest der Altstadt komplett abgerissen und wir fuhren noch am selben Tag weiter nach Samarkand.

A sand storm thankfully not affecting us - the wind was this time in our back and blew us to
Ein Sandsturm, der uns nicht viel ausmachte – dieses Mal hatten wir Glück, denn der Wind blies uns nach Shakhrisabz
DSCF0091
Das massive Überbleibsel des Palasttores in Shakhrisabz, ich bin der kleine pinkfarbige Punkt unten recht.

Wir fuhren in die Stadt Samarkand auf einem Weg, den wahrscheinlich kein Tourist je zu sehen bekommt. Mehrfach checkte ich unsere Online-Karte, da wir eher dachten, auf dem Weg in ein Dorf zu sein als in die Stadt. Es gab kilometerlang keine befestigte Straße, es staubte, war dreckig, steinig und schlaglöchrig, ein einziges Desaster. Kleine Häuser und Läden säumten den Straßenrand und wir hatten ehrliches Mitleid mit den Menschen, die hier wohnen müssen. Erst zwei Kilometer vor dem Zentrum waren die Straßen dann asphaltiert.

P1230145
Letzter Pass vor Samarkand
DSCF0137
Die sich windende Passstraße
DSCF0148
Obststände auf dem Gipfel
DSCF0153
Jaws war auch da (Aus den James Bond-Filmen ‘Der Spion, der mich liebte’ und ‘Streng geheim’)
P1230159
Kurz vor Samarkand die 2.000km-Marke geknackt
DSCF0165
Der Vorteil, wenn man wenig Möbel hat: alles passt beim Umzug in ein Auto  🙂

Samarkand ist eine der bedeutendsten Städte der alten Seidenstraße und schon Alexander der Große, der die Stadt 329 A.D. einnahm sagte: “Alles, was ich über Marakanda gehört habe ist wahr, außer, dass es noch schöner ist, als ich mir je vorgestellt habe.” Uns hat Samarkand sehr gut gefallen obwohl wir wussten, dass die meisten Monumente zu Sowietzeiten renoviert wurden und nur wenige originale Gebäude übriggeblieben sind. Auch wenn sich manche Stadtteile mit seinen Souvenirläden, Alleen und Cafes ein bisschen wie Disneyland anfühlten, waren wir doch sehr beeindruckt von den riesigen Medressen (Koranschulen), Moscheen und Mausoleen wissend, dass sie zu den ältesten noch erhaltenen Gebäuden zählen.

Eindrücke von Samarkand:

DSCF0216

DSCF0374

DSCF0504

DSCF0520
Mausoleen
DSCF0541
Mosaikkuppel eines Mausoleums
DSCF0644
Friedliches Straßenleben
DSCF0686
Der grandiose Registan-Platz mit seinen Medressen (ehemalige Koranschulen)
DSCF0674
In einem Polizeistaat ist die Polizei überall
DSCF0776
Der Registan eignet sich hervorragend als Hintergrund für Hochzeitsfotos, einige andere Paare warteten bereits auf ihren Auftritt
DSCF0813
Traditionelle Samtkleider am Registan
DSCF0867
Das Innere einer  Medressa/Moschee
DSCF0878
Ein friedvoller Innenhof einer Moschee/Medressa
Even the smallest space is used for souvenir shops
Der kleinste Raum wird als Souvenirladen genutzt

DSCF0923

A typical Uzbek cemetry
Ein typisch usbekischer Friedhof

Auf dem Markt in Samarkand, wo man alles bekommt, angefangen mit…

P1230207
…Früchten, Gemüse und Kräutern,…
P1230202
…gebratenem Fisch,…
...eggs...
…Eiern,…
...candy,...
…Süßigkeiten,…
...pickles,...
…Eingemachtem,…
...and most importantly bread.
…bis hin zum für die Usbeken so wichtigen Brot.

Ausspannen in Dushanbe

Fakten Tadschikistan:

  • Ein kleiner, von Land umgebener Juwel mit atemberaubenden Bergen, die höchsten nach dem Himalaja/Karakorum
  • Nachbarländer: Kirgisistan (Norden), China (Osten), Afghanistan (Süden), Usbekistan (Westen)
  • Bevölkerung: 8,5 Millionen
  • Das ärmste Land Zentralasiens: ein Lehrer verdient ungefähr 80 USD im Monat und Schätzungen gehen davon aus, dass 20% der Bevölkerung mit weniger als 1,25 USD auskommen muss
  • Drogenhandel ist die größte illegale Einkommensquelle

9. – 20. September 2015 – Wir hatten eine sehr schöne Zeit in Dushanbe. Erst hier fiel uns auf, wie müde wir waren. Nicht nur von einer abenteuerlichen 24-Stunden-Fahrt am Rande des Abgrunds, sondern vor allem von der harten Arbeit der letzten Wochen. Jetzt stellten wir uns endlich keinen Wecker mehr, mussten nicht gegen den Wind ankämpfen, dagegen schliefen wir viel, lasen, aßen, aktualisierten den Blog, schliefen, ich arbeitete, wir liefen durch die Stadt, entspannten uns ein bisschen mehr, kümmerten uns um unsere Turkmenistan Visa, schliefen ein bisschen mehr, trafen andere Radfahrer und genossen den Luxus unseres Gasthauses.

Finally meeting Phoebe who is cycling to Singapore. We met her brother a few years ago in Singapore and have been following Phoebe's travels since earlier this year.
Endlich treffen wir Phoebe, die nach Singapur radelt. Vor ein Paar Jahren haben wir ihren Bruder in Singapur getroffen und verfolgen Phoebes Reisen virtuell seit einigen Monaten.
The world seen from Dushanbe
Die Welt aus der Sicht von Dushanbe
Tajikistan's president - smiling at us from millions of billboards
Tadschikistans Präsident, der auf uns von Millionen Plakaten herunterschaut
One of Dushanbe's landmarks
Eines der Wahrzeichen von Dushanbe

DSCF9779

And another monstrous building
Und noch ein monströses Gebäude
Once Asia's largest flagpole, the flag alone measures 2000 square meters!
Einst Asiens größter Fahnenmast – die Flagge allein hat eine Fläche von 2000 Quadratmetern!
An enormous tea house
Alles ist hier groß – hier ein enormes Teehaus

Am Tag, als unsere Visa fertig sein sollten, radelten wir nervös zur Botschaft. Wir haben so viele Geschichten von Menschen gehört, denen das Visum grundlos verweigert wurde. Wir kamen um 9 Uhr wie vereinbart an, die Botschaft machte aber erst um 9.30 Uhr auf. Nachdem wir dann endlich rein durften mussten wir leider erfahren, dass unsere Visa noch nicht fertig waren. Jetzt waren wir erst recht froh, dass wir so rechtzeitig nach Dushanbe gereist sind, denn der nächste Tag war Freitag und am Sonntag mussten wir das Land verlassen. Wenn wir morgen das Visum nicht bekämen, müssten wir ohne ausreisen. Aber wir hatten wieder einmal Glück, am nächsten Tag waren die Visa fertig, wir mussten nur noch quer durch die ganze Stadt und wahnsinnigen Verkehr radeln, um die Visagebühr von 110 $ bei der Pakistan Bank zu bezahlen und dann wieder zurückradeln, um unsere Pässe mit neuem Aufkleber abzuholen.

Two happy chaps
Zwei Glückspilze mit ihren Turkmenistan Visa

Jetzt konnten wir endlich wieder weiterradeln. Am nächsten Morgen klingelte der Wecker wieder früh und wir trauten unseren Augen nicht: Es regnete! Wochenlang hatte es nicht geregnet. Die Vorhersage war für den ganzen Tag schlecht und letztendlich blieben wir noch einen Tag länger. Das war eine gute Entscheidung, denn am nächsten Tag fuhren wir bei Sonnenschein und leichtem Rückenwind los. Die Strecke war langweilig, meist fuhren wir an Baumwoll- und Obstplantagen mit Äpfelbäumen und Traubenstöcken vorbei und einer kahlen Bergkette im Hintergrund. Das machte aber nichts, nach zwölf radlosen Tagen waren wir froh, wieder auf unseren harten Sätteln sitzen zu dürfen. Auf halbem Weg zur Grenze bekamen wir eine Melone geschenkt, die wir gemeinsam mit den netten und sehr gut Englisch sprechenden Menschen aßen. Später bekamen wir noch leckere Trauben frisch gepflückt und ein warmes Brot aus dem Backofen geschenkt. Von überall her hörten wir wieder “Hello” und “Salam” und die Menschen fragten uns, ob es uns denn in Tadschikistan gefiele. Jetzt waren wir nicht mehr länger ‘normale’ Touristen, sondern radelnde Reisende, die viel Aufmerksamkeit auf sich ziehen und oft für Verwirrung sorgen. ‘Warum fahrt ihr mit dem Fahrrad? Warum nicht mit dem Auto? Das ist doch viel einfacher!’ hörten wir immer wieder von den Ortsansässigen. Hier radeln nur die Ärmsten oder Kinder, alle anderen fahren Auto.

Leaving Dushanbe in the early morning
Auf dem Weg nach Usbekistan, Stadtausgang Dushanbe
The melon has already been eaten
Die Melone ist bereits aufgegessen

 

 

 

 

 

Let the president always be with us
Auf dass der Präsident immer bei uns sei!
TAILWIND!!!
RÜCKENWIND!!!
Aluminium production - we are now part of an espionage plot, as the Uzbek customs officer asked us for a copy of this photo
Aluminiumfabrik – wir sind nun Teil eines Spionagekomplotts – der usbekische Grenzbeamte hat uns um eine Kopie dieses Fotos gebeten.
At lunch time
Mittagessenszeit
Cotton fields
Baumwollfelder
Time for the cotton harvest
Baumwollernte

Wir sind in das Land von seiner ärmsten Seite eingereist und fuhren durch eine der abgelegensten Gebiete. Das Klima ist hart mit heißen und trockenen Sommern und sehr kalten Wintern. Die Menschen sind scheu, aber sehr nett und gastfreundlich. Das Essen ist sehr einfach und bietet wenig Variationen. Suppe ist DAS Gericht und wenn wir Glück hatten, dann gab es außer Kartoffeln noch anderes Gemüse in der Suppe. Oft aßen wir dazu altes Brot und Süßigkeiten. Manchmal gab es Bratkartoffeln oder Plov (gebratener Reis mit Karotten und etwas Hammelfleisch). Und wenn wir ganz besonderes Glück hatten, gab es Tomaten- und Gurkensalat, der war wahrscheinlich immer der Grund für unsere ständigen Magen- und Darmprobleme.

Die Bäder sind hier ebenfalls sehr spartanisch und oft leider auch sehr dreckig. Letzteres ist überraschend, denn die Häuser sind extrem sauber. Auf keinen Fall dürfen sie mit Schuhen betreten werden, das kommt einem schweren Verbrechen gleich. Schon früh morgens wird mit dem Fegen begonnen, dann werden die Böden genässt und gewischt und dann wird wieder gefegt. Die Stehklos sind immer so weit wie möglich weg vom Haus und die Duschen funktionieren in der Regel nicht, wenn es denn welche gibt. Entweder kommen aus dem Hahn nur ein Paar Tropfen oder kochendheißes oder eiskaltes Wasser, dazwischen gibt es nichts. Aber dann muss man auch wissen, dass diese Bäder auch nur für Touristen gebaut werden, die Menschen hier auf dem Land haben keine Badezimmer, sie waschen sich an einem einfach Waschbecken vor dem Haus. Manchmal gibt es noch nicht einmal ein Waschbecken und man gießt sich das Wasser mit einer Zinnkanne über die Hände und den Rest.

Die Tadschiken sind sehr schlechte Autofahrer, wie übrigens überall sonst in Zentralasien auch. Aufgrund des schlechten Zustands der Straßen sehen Autos nicht viel besser aus – meist sind es hier alte Ladas noch aus Sowietzeiten. Tadschiken können auch nur schnell fahren. Die Reifen quietschen, wenn sie losfahren, sie überholen, ob sie etwas sehen oder nicht, sie telefonieren fast ununterbrochen während der Fahrt und wir haben fast keine Autos ohne Risse in der Windschutzscheibe gesehen.

Die Landschaften waren außergewöhnlich und fast immer atemberaubend. Aufgrund der vielen und hohen Berge war es für uns wohl schwierigste Land zum Radeln. Trotz aller Schmerzen und Anstrengungen durch dieses Land, sind wir froh, dass wir es heil durch den Pamir und das Wakhan-Tal geschafft haben und dass wir die Möglichkeit hatten, diese außergewöhnlichen Landschaften zu erkunden.

Der berühmt-berüchtigte Pamir-Highway – Teil 4

3. August – 8. September 2015 – Der Pamir Highway ist eines der Highlights unserer Reise, daher berichten wir über die wichtigsten Geschehnisse in insgesamt vier Teilen anhand unserer täglichen Tagebucheinträge.

Bildschirmfoto 2015-09-17 um 15.49.16

Tage 16 und 17: Ishkashim – Dushanbe: 700km
Johan fühlt sich noch immer schlecht und da wir rechtzeitig in Dushanbe für die Beantragung unserer Turmenistan-Visa sein müssen, nehmen wir bereits ab Ishkashim und nicht erst ab Khorog ein Taxi. Der Gasthaus-Besitzer verhandelt einen guten Deal für ein privates Taxi und mit den Rädern auf dem Dach und unseren Taschen im Kofferraum fahren wir los. Keine zehn Minuten später hält der Taxifahrer, um einen afghanischen Polizisten, der ebenfalls nach Dushanbe muss, mitzunehmen. Soviel zu privatem Taxi! Genervt telefonieren wir mit dem Manager des Gasthauses und handeln zumindest einen Rabatt raus. Leider fährt unser Macho-Taxifahrer wie ein Wilder und denkt, die Straße gehöre ihm alleine. Wir glauben, er hat seinen Führerschein in Indien gemacht, da er meist auf der linken Straßenseite fährt. Was uns noch mehr aufregt, da links die Klippe ist und mehrere hundert Meter unter uns der Fluss. Die halsbrecherische Straße, mittlerweile wieder mit dem Pamir Highway vereint, windet sich durch Schluchten und Canyons mit kahlen Bergen, die links und rechts in die Höhe sprießen. Auf der anderen Seite des Flusses liegt noch immer Afghanistan und dort führt ein schmaler Eselspfad am Fluss entlang. Die Aussichten sind spektakulär und wir sind beide traurig, dass wir diese Strecke nicht radeln können. Wir bedauern auch, dass wir uns auf unseren Reiseführer verlassen haben und durch das Wakhan-Tal geradelt sind, da wir uns jetzt erst auf dem spektakulärsten Teil des Highways befinden. Immer wieder weist Johan den Fahrer zurecht langsamer zu fahren, auf der rechten Seite der Straße zu fahren und LKWs auf der einspurigen Straße nicht zu überholen, wenn vor lauter Staub nichts zu sehen ist. In der Nacht wird die Fahrt noch gruseliger, da sich die Straße weiter verschlechtert, die Sicht schlecht ist und der Fahrer mehr an den vielen Telefonanrufen interessiert, die bis spät in die Nacht reinkommen, als an der Straße. Armer Johan bleibt die ganze Nacht wach, damit wir sicher ankommen, streitet unnachgiebig mit dem Fahrer und verhindert sogar ein Auffahren auf einen Sandhaufen am Straßenrand. Am nächsten Morgen als wir endlich auf einer geteerten Straße fahren muss der Fahrer wieder sein Können unter Beweis stellen. Mit einer für uns horrenden Geschwindigkeit von 140 km/h und einem Auto, das dabei fast auseinander fällt, brülle ich ihn dieses Mal an, damit er langsamer fährt. Stur fährt er die nächsten Minuten mit 60 km/h weiter und fragt andauernd, ob es so nun Recht sei. Die Stimmung im Auto erreicht in Dushanbe ihren Höhepunkt, als Johan freundlich versucht, unserem Fahrer den Weg zu unserem B&B anzuweisen und er partout den Anweisungen nicht folgen will, obwohl er keine Ahnung hat, wohin wir fahren müssen. Ich koche mittlerweile innerlich und an einer Kreuzung, an der er wieder mal nicht abbiegen will, brülle ich erneut und schicke noch ein Paar deutsche Schimpfwörter hinterher. Fünf Minuten später kommen wir dann nach 24 Stunden Autofahrt endlich an. Während dieser viel zu nervenaufreibenden Fahrt passieren wir übrigens ungefähr 20 Militär- und Polizei-Checkpoints. Jedes Mal müssen wir unsere Pässe zeigen und jedes Mal gibt es Theater, weil ein Afghane mit zwei Touristen reist. Später erfahren wir, dass es nur wenige Tage zuvor in einem Vorort von Dushanbe einen Anschlag mit mehreren Toten gab.

Getting the car packed for a long journey
Autopacken für eine lange Reise

In Marian’s Guesthouse verhandelt Johan einen fantastischen Preis und wir können uns so richtig erholen, bis wir unsere Visa für Turkmenistan bekommen. Heute findet zufällig auch das Fußball-Qualifikationsspiel für die WM 2018 zwischen Australien und Tadschikistan statt. Und da die Besitzerin des B&Bs Australierin ist, bekommen wir gleich zwei Karten geschenkt. Wir verbringen einen super Abend mit netten Australiern und selbst mir gefällt die Atmosphäre im Fußballstadion, obwohl ich so gar kein Fußballfan bin.

Das Leben meint es wieder gut mit uns!

Highly secured stadium
Hochsicherheits-Stadion

P1220986

P1220987

Our new Aussie friends
Unsere neuen australischen Freunde

P1230077

A peaceful audience
Friedvolle Zuschauer